APRIL.Presse-09-2006
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Berichterstattung zur Privatisierung in der lokalen Presse
Zeitraum Juni bis September 2006
- Da OBM Jung derzeit keine Mehrheit für den Anteilsverkauf hat, wurde der entsprechene Punkt von der Tagesordnung der Stadtratssitzung am 11.10. genommen. Dies wurde in einer gemeinsamen Sitzung von Verwaltungs-, Finanz- und Wirtschaftsausschuss klar. Grüne und FDP lehnen die Privatisierung ab, die CDU hat einen eigenen Vorschlag angekündigt, die PDS will nicht einmal über eine Veräußerung der Stadtreinigung reden. Neuer Termin für eine Abstimmung im Satdrat ist der 15.11. (Quelle: LVZ, 29.09.2006)
- Im Rahmen der Privatisierungsüberlegungen wird nun auch über die Stadtreinigung nachgedacht. In einem rathausinternen Gutachten der BBVL für die Ratssitzung am 11.10. wird dabei mit "Personalkostenreduktion im Bereich von 35 bis 40%" gerechnet, wenn der Betrieb nach der Privatisierung rentabel geführt werden soll. Diese sind in kommunaler Regie durch die Bindung an die Tarifverträge des öffentlichen Diensts nicht zu erreichen. Als Kommunalbetrieb unterliegt die Stadtreinigung derzeit noch nicht der Mehrwertsteuer. Es geht OBM Jung um die Prüfung der "Optionen für eine (Teil-)Privatisierung des kommunalen Eigenbetriebs Stadtreinigung" bzw. eine Konzeption, wie die Stadtreinigung in kommunaler Regie ihre Effizienz steigern kann. Beispiele einer teilweisen Privatisierung von Stadtreinigungen können in Dresden (2004 - 12,8 Mill. Euro Erlös) sowie Braunschweig (2001/05 - 14 Mill. Euro Erlös) studiert werden. (Quelle: LVZ, 25.09.2006)
- Der Aufsichtsrat stoppte in der Sondersitzung am 2.9. die Pläne von LVV-Geschäftsführer H.-J. Klein, beim Verkauf von SWL-Anteilen zügig voranzuschreiten. Ein TOP, in welchem von Klein eingeladene Banker zu Verkaufsideen vortragen sollten, wurde gestrichen. Klein hat bereits eine europaweite Ausschreibung zur Steuerung des Verkaufsprozesses veranlasst, obwohl das Stadtparlament das Konzept erst im Oktober debattiert. OBM Jung ordnete nach Druck aus dem Aufsichtsrat inzwischen an, alle Verkaufsaktivitäten bis zu einer Stadtratsentscheidung auf Eis zu legen. Mehrere Aufsichtsräte wiesen auf die gravierenden Differenzen in der LVV-Spitze zu dem Thema hin. Insbesondere SWL-Geschäftsführer Wille spricht sich vehement gegen einen Anteilsverkauf in dieser Dimension aus. Der Aufsichtsrat schloss sich parteiübergreifend den Forderungen von Linkspartei und Grünen an, schleunigst Alternativen zum SWL-Teilverkauf zu prüfen. (Quelle: LVZ, 04.09.2006)
- Willes Positionen (GF der SWL) in einem Interview mit der LVZ: Die SWL sind auch alleine mehr als überlebensfähig; über Verkauf zusätzliches Know-How ins Unternehmen zu holen ist schon mit dem RWE-Deal gescheitert; ab 2007 ist "gemäß dem derzeit vom Aufsichtsrat verabschiedeten Fünfjahresplan" eine Aufstockung des Eigenkapitals auf über 250 Mill. Euro geplant. (Quelle: LVZ, 02.09.2006)
- Nach der Linkspartei macht jetzt auch die Ratsfraktion der Grünen gegen den Verkauf der SWL mobil. Stadtrat Quester hat dazu ein ausführliches Positionspapier veröffentlicht, in dem er bezweifelt, dass die SWL einen strategischen Partner benötigen. Nach dem aktuellen Wirtschaftsplan seien die SWL in der Lage, die notwendigen Finanzmittel aus ihrem eigenen Wachstum zu erwirtschaften und außerdem noch anteilig die LVB zu finanzieren. Auch die Erfahrungen aus zwei Privatisierungen seien zu berücksichtigen. "Leipzig hat schon zweimal SWL-Anteile verkauft und beide Male war die Strategie des Partners nicht kompatibel - obwohl dies im Vorfeld versichert wurde". Es sei zu erwarten, dass die Stadt nach einem SWL-Teilverkauf die restlichen LVV-Firmen "plündert" um Geld für die Finanzierung der LVB aufzubringen. (Quelle: LVZ, 02.08.2006)
- LVV-Chef Klein will bereits im September dem Aufsichtsrat 3-5 Investmentbanken präsentieren, von denen eine den Verkauf von bis zu 49.9 % der Anteile abwickeln kann, und sieht die Erlösmöglichkeiten optimistisch. Investoren seien vorhanden, ohne dass es bereits offizielle Gespräche gebe. Denkbare Partner seien Unternehmen aus der Energiebranche, aber auch Finanzkonzerne. Wichtige Wachstumsfelder der SWL sind Biomasseanlagen, Energiecontracting, Stromhandel, Auslandsgeschäft (vor allem in Polen). Beim Verkauf von mehr als 50 % der SWL verliert die Stadt Steuervorteile in Höhe von 25 Millionen Euro, die sich aus der Verrechnung der Gewinne (in 2005: SWL 53 Millionen, KWL 20 Millionen) mit Verlusten der LVB im LVV-Firmenverbund ergeben. Diese bekommen derzeit einen Zuschuss von 57 Millionen, der bis 2008 auf 54 Millionen gesenkt werden soll. (Quelle: LVZ, 27.07.2006)
- OBM Jung legt sein Konzept im Stadtrat vor, das drei Säulen vorsieht: bis zu 49.9% Anteile an den SWL veräußern, Wohnungsbestand der LWB verringern, Beteiligungsportfolio bereinigen. Damit soll die Leipziger Pro-Kopf-Verschuldung von derzeit 1950 Euro auf unter 1500 Euro zurückgefahren werden. Auf die Frage, ob bei einem Teilverkauf der SWL nicht erst einmal die alten Schulden aus dem Rückkauf in 2003 bedient werden müssten, räumt VVL-Chef Klein ein, dass diese in der damaligen Höhe von 199 Millionen Euro noch immer vorhanden sind. Im Bereich der LWB "machte Kämmerin Kudla klar, dass sie möglichst viel Bares von der LWB haben möchte". Allein für Bürgschaften der Stadt müsse die LWB künftig 3 Millionen Euro zahlen.
Die weitere Zeitschiene nach den Vorstellungen von OBM Jung: Einigkeit in Verfahrensfragen bis Ende 2006, Anteilsverkauf der SWL im Frühjahr oder Sommer 2007. Dies soll in einer europaweiten Ausschreibung geschehen und durch eine externe Firma betreut werden. Weitere Privatisierungen, etwa Wasserwerke oder Stadtreinigung, sind - so Jung - zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht auszuschließen. (Quelle: LVZ, 21.07.2006)- Im Kommentar rechnet Ulrich Milde vor: Knapp eine Millarde Euro Schulden; SWL schüttet jährlich 50 Millionen Gewinn aus, der sich nach einem Teilverkauf auf 25 Millionen reduziert; bei Erlös von 300 Millionen, die vollständig in die Schuldentilgung gehen, ergibt sich eine Zinseinsparung von 10 Millionen jährlich. Bleibt eine (neue) jährliche Deckungslücke von 15 Millionen Euro.
- Achminow (CDU): Das geht nicht weit genug. Wir bleiben damit in der Schuldenfalle, nur weil es keine strukturellen Entscheidungen gibt.
- Engelmann (Linkspartei.PDS): 49.9% SWL-Teilverkauf wäre ein schlechtes Geschäft; dem werden wir uns widersetzen.
- Hoffmann (Sprecher der LWB): Die klare Aussage der Vorlage ermöglicht es, dass wir unser operatives Geschäft danach ausrichten.
- Schieritz (Betriebsrat LVV): Hinweis auf negative Erfahrungen mit strategischen Partnern, den Erhalt von Arbeits- und Ausbildungsplätzen sowie die prägende Bedeutung der SWL für das Bild der Stadt.
- Krabiell (ver.di Leipzig): Eine kurzfristige Scheinlösung durch Verkäufe von Anteilen packt die kommunale Finanzmisere nicht an der Wurzel. Das Geflecht aus Stadt, Eigenbetrieben und kommunalen Unternehmen soll langfristig stabil bleiben.
- Einige wichtige APRIL-relevante Aussagen aus einem LVZ-Interview mit OBM Jung: (Quelle: LVZ, 15.07.2006)
- Ein radikaler Entschuldungskurs, der den Zusammenhang zur Investitionsfähigkeit vergisst, wird uns handlungsunfähig machen.
- Senkung der Pro-Kopf-Verschuldung von derzeit 1900 Euro auf 1500 Euro ist ein Mindestziel, um kommunale Handlungsfähigkeit wieder zu erreichen.
- Einsparung von 1 Mill. Euro bei der Vereinsförderung
- Einsparung von 10 Mill. Euro bei der Kultur (2,4 Mill. Euro im Bereich Tarifverträge, 6,5 Mill. Euro durch Stellenabbau und Zusammenführung der Verwaltung, in zweitem Schritt Gesamtverwaltung der großen Häuser)
- Hauptproblem sind die "explodierenden Sozialausgaben". Wir müssen dauerhaft mit 30000 bis 35000 Langzeitarbeitslosen in dieser Stadt rechnen.
- Drei Vorlagen zum Beteiligungsmanagement am 18.07.
- Gesamtbetrachtung mit ordnungsrechtlichen Bereinigungsvorschlägen zum Beteiligungsportfolio
- Isolierte Betrachtung der großen Unternehmen im LVV-Verbund - Stadtwerke, Wasserwerke, LVB, Stadtreinigung, LWB - mit Vorschlägen zu Veräußerungserlösen und Überlegungen, wieviel davon zur Schuldentilgung und wieviel für Investitionen verwendet werden soll.
- Mitwirkungsrechte des Stadtrats beim Thema Beteiligungen.
- Thema "Verkauf SWL-Anteile": Vorlage geht auf Ratsbeschluss aus 2003 zurück, nach welchem "dem Stadtrat ein Vorschlag zu unterbreiten ist, ob 40 % der SWL-Anteile, die wir zurückerworben haben, wieder verkauft werden sollen." Es geht um einen Vorschlag, der mittelfristig (15 Jahre) Sinn macht. SWL transferieren derzeit 54 Mill. Euro in den städt. Querverbund, die insbesondere den städt. Nahverkehr stützen.
- Ein radikaler Entschuldungskurs, der den Zusammenhang zur Investitionsfähigkeit vergisst, wird uns handlungsunfähig machen.
- Die Aufmerksamkeit konzentriert sich immer mehr auf die Stadtwerke als konkretes Objekt von Privatisierungsbemühungen, wobei sich OBM Jung neben Geld in der Stadtkasse auch einen Zugewinn für die strategische Position der Stadtwerke verspricht. Als Kaufinteressenten werden genannt: VNG, EDF, Nuon, EnBW. Die Stadtspitze strebt wohl derzeit an, maximal 49.9% der Anteile zu veräußern. Dann könne die Stadt weiterhin die Geschäftspolitik bestimmen und Einfluss auf die Preise (Gas, Strom, Fernwärme) nehmen. Weiter ist von Vorschlägen für die "Bereinigung des städtischen Beteiligungsportfolios" die Rede, in dem der "eventuelle Anteilsverkauf der Stadtwerke aber nur ein kleiner Teil" sei. (Quelle: LVZ, 14.07.2006)
- Im Vorfeld der Veranstaltung des APRIL-Netzwerks am 15.6. berichtet die LVZ über unsere Aktivtäten und einige unserer Argumente: "Von Dresden haben wir gelernt, dass wir uns frühzeitig und mit guten Argumenten in die Diskussion einmischen müssen". Die Rahmenbedingungen, unter denen die Debatte stattfindet, werden auch klar benannt: "OBM Jung hat in seiner Antrittsrede ... angekündigt, dass städtische Betriebe gut 200 Mill. Euro zur Sanierung des städtischen Etats beitragen müssen". Dass selbst ein Teilverkauf der LWB nur unter sehr kurzfristigen Überlegungen als Option erscheint, wird von der Chefin des Leipziger Mietervereins Anke Matejka betont. Die Kosten seien auf Dauer deutlich höher als der kurzfristig erzielbare Gewinn, wenn dann Belegungsrechte bei privaten Vermietern in größerem Umfang gekauft werden müssten. Ein Teilverkauf verbiete sich auch im Interesse der LWB. "Nur mit einer ausgewogenen Mischung im Wohnungsbestand ist das Unternehmen stabil genug, um öffentliche Aufgaben überhaupt erfüllen zu können", so Bernhard Krabiell vom verdi-Vorstand. (Quelle: LVZ, 14.06.2006)