APRIL.PPP.Schulen

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PPP an Leipziger Schulen

Das Thema PPP steht mit dem Thema "Sanierung und Bewirtschaftung von Schulimmobilien mit privaten Partnern" nun auch in Leipzig auf der Tagesordnung.

Neuaufnahme des Themas 2011

  • OBM Jung im Interview mit der LVZ vom 24.08.2011 dazu:
Deshalb wollen wir in den nächsten zehn Jahren 300 Millionen Euro für Schulen einsetzen. Wenn der Freistaat die Schulhausbau-Fördermittel nicht drastisch zurückfahren würde, könnten wir sehr viel mehr erreichen. Wir werden deshalb auch über andere Programme versuchen, Gelder zu beschaffen, oder unseren kommunalen Eigenanteil erhöhen müssen.
Als Richtschnur soll gelten: 30 Millionen Euro für Schulen, 30 Millionen Euro für Straßen und Brücken, sechs Millionen für Kindertagesstätten. Wir haben im Grunde 100 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung, die wir investiv einsetzen können. Das ist gar nicht so wenig. In unserer Situation wäre es nur wünschenswert, das Doppelte zu haben.
  • Dennoch beschließt eine Mehrheit im Stadtrat von CDU, FDP und SPD am 24.08.2011 mit 33:28 Stimmen, dem CDU-Vorschlag zu folgen und für drei Schulen mit einem Sanierungsaufwand von je 5 bis 10 Mio Euro ein PPP-Verfahren einzuleiten. Die privaten Unternehmen sollen die Schulen renovieren und 25 Jahre lang betreiben. Die notwendige Wirtschaftlichkeitsprüfung soll in Eigenregie mit Unterstützung des PPP-Kompetenzzentrums an der Uni Leipzig erfolgen. Stadtrat Quester (Grüne) macht aus seiner Ablehnung kein Geheimnis: "Durch PPP steht nicht mehr Geld zur Verfügung, da es sich um ein kreditähnliches Geschäft handelt". Stadträtin Hollick (Linke) kritisiert das Projekt als "inneres Cross Border Leasing". (Quelle: LVZ, 25.08.2011)
  • Vor einer entsprechenden Abstimmung im Stadtrat werden in der LVZ vom 24.08.2011 die kritischen Argumente des April-Netzwerks aufgenommen und von Martin Rosenfeld, Professor am Institut für Wirtschaftsforschung Halle und Kenner der Probleme von "PPP in Halle" sowie des einschlägigen Gutachtens des Landesrechnungshofes, bestätigt. Insbesondere stellt Rosenfeld fest
"Es stellt sich beispielsweise die Frage, ob Bauunternehmen wirklich geeignet sind, Schulen zu betreiben. Man darf bei der Diskussion auch nicht vergessen, dass sowohl Firmen als auch Gewerkschaften ein Interesse daran haben, dass der Staat seine Bautätigkeit mittels kreativer Finanzierung ausweitet. Dabei wäre es eigentlich besser, die Verwaltung würde ihre Hausaufgaben machen und den Haushalt konsolidieren, statt ihn permanent zu überschreiten. Als langfristige Investition sollte die Sanierung von Schulen jedoch auf üblichem Wege finanziert werden, also über die öffentlichen Einnahmen oder im Rahmen der Möglichkeiten auch über Verschuldung."
  • Ab 2012 stehen im Leipziger Haushalt 30 Mio Euro bereit, um die gravierendsten Mängel an Schulen zu beheben. 2011 stehen 11.2 Mio Euro dafür bereit, hinzu kommen Fördermittel vom Freistaat. Der Investitionsstau in Schulen wird auf 570 Mio Euro geschätzt (2009 schätzte man noch 490 Mio Euro, OBM Jung ein paar Tage später im Interview 600 Mio Euro). Angesichts dieser Lage müssen PPP-Modelle wieder auf den Prüfstand, so Stadtrat Billig (CDU). Die CDU hat einen entsprechenden Antrag in den Stadtrat eingebracht. Die 5 Schulgebäude, die im Jahr 2009 auf dem Prüfstand standen, sind inzwischen mit anderen Mitteln saniert worden. Dies sieht auch Stadtrat Dyck (SPD) ähnlich. Unternehmen aus dem Fachkreises Leipziger Gewerbe-Immobilien haben der Stadt bereits Gespräche über PPP-Modelle angeboten. (Quelle: LVZ, 16.05.2011)

Aus l-iz.de, der Leipziger Internetzeitung:

Der Freistaat Sachsen errichtet das "Institut für Öffentlich-Private Partnerschaften" am Institut für Öffentliche Finanzen und Public Management der Universität Leipzig. Das Zentrum soll Kommunen im Vorfeld von Investitionsentscheidungen über den Einsatz öffentlich-privater Partnerschaften beraten, teilt das Innenministerium mit.
  • Die Träume von PPP-Projekten: Landesrechnungshof warnt nun auch vor Mehrausgaben in Halle. l-iz.de vom 06.06.2010

Die Debatte 2008/09

Aus l-iz.de, der Leipziger Internetzeitung:

  • PPP vom Tisch: Stadt baut Erich-Kästner- und Pablo-Neruda-Grundschule in eigener Regie. l-iz.de vom 12.08.2009
  • Es geht auch ohne PPP: Kant-Gymnasium wird ab 2010 runderneuert. l-iz.de vom 01.07.2009
  • PPP heißt nicht, dass die Kommune nicht bezahlt: Ein Leserbrief, stellvertretend veröffentlicht. l-iz.de vom 05.05.2009
  • Linksfraktion stimmt gegen PPP-Schulprojekt: Zu intransparent, nicht steuerbar, nicht regional. l-iz.de vom 18.04.2009
  • Leipziger APRIL-Netzwerk schreibt PPP-Brief an die Stadträte: Nichts aus Cross Border Leasing gelernt? l-iz.de vom 19.03.2009

Weitere Stimmen

  • Privatisierungsgegner und Handwerkskammer-Präsident Dirschka kritisieren PPP-Schulprojekt. Mike Nagler führt ins Feld:
    • Die Stadt kann keine 10 Jahre Schülerzahlen prognostizieren, will sich aber für 25 Jahre binden
    • Auch wenn formal kein Kredit aufgenommen wird, so induziert das Geschäft Zahlungsverpflichtungen wie bei klassischen Krediten und engt kommunale Handlungsspielräume auf dieselbe Weise ein.
    • PPP-Mietforderungen werden regelmäßig in Finanzprodukte umgewandelt, wozu die Kommune gegenüber den Banken "Forfaitierung mit Einredeverzicht" erklärt. Damit hat sie nichts mehr in der Hand, wenn der Auftragnehmer nicht (angemessen) leistet.
    • Eine öffentliche Kontrolle findet nicht statt, da die Verträge geheim sind.
    • Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung muss auf den Tisch, um die Argumente gegen eine Eigenewirtschaftung zu prüfen. Gutachten haben sich in der Vergangenheit oft als einseitig erwiesen (Beispiel Chemnitz)
Handwerkskammer-Präsident Dirschka weist darauf hin, dass in vergleichbaren PPP-Projekten in Sachsen-Anhalt große Baukonzerne zum Zuge gekommen sind, das regionale Handwerk aber kaum davon profitiert hat. (Quelle: LVZ, 28.02.2009)
  • Nun wird es ernst. Um den Investitionsstau an Leipziger Schulen von 490 Mill. Euro abzubauen, soll auch PPP genutzt werden. Damit sollen in den nächsten drei Jahren zusätzliche 20 Mill. Euro in die Verbesserung der Schulinfrastruktur gesteckt werden. Derzeit sind 18 Mill. Euro Bauinvestitionen für Schulsanierungen in den Stadthaushalt eingestellt. Eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung bestätigt, dass "die Kommune mit PPP besser fährt als mit einem Bankkredit". Im April bereits soll der Stadtrat dafür grünes Licht geben, um dann eine europaweite Ausschreibung für 5 Schulen (Pablo-Neruda-GS, Erich-Kästner-GS, MS Breitenfelder Straße, Kant-Gymnasium, Reclam-Gymnasium) zu starten. Im Herbst 2010 könnte es dann losgehen. Es geht um ein Investitionsvolumen von 60 Mill. Euro. Die Gesamtrechnung sieht so aus: Eine große Baufirma saniert bzw. baut neu und unterhält die Gebäude der 5 Schulen über 25 Jahre. Dafür sind 190 Mill. Euro vorgesehen, davon neben den Baukosten 30 Mill. Euro Finanzierungskosten, 87 Mill. Euro Betriebskosten, 6 Mill. Euro Risikoabsicherung. Die Stadt bleibt Eigentümer der Immobilien, überträgt die Verantwortung aber auf den Investor. (Quelle: LVZ, 27.02.2009)
  • In der Dienstberatung des OBM wurde der Zwischenbericht zum Stand der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen PPP.Schulen vorgestellt. Es geht um zwei denkmalgeschützte Altbauschulen sowie die drei Plattenbauten Neruda-, Kästner- und Reclam-Schule mit einem Investitionsstau von insgesamt 490 Mill. Euro. Bei letzteren stehe eine sehr komplexe Aufgabenstellung an. Unter Leitung des Stadtplanungsamts wurden deshalb jeweils drei Planungsbüros beauftragt, Konzepte für die Optimierung dieser Schulstandorte zu erarbeiten. (Quelle: Hallo! Leipzig, 25.10.2008)
  • "Die Stadt schiebt derzeit allein bei Schulen einen Sanierungsstau von zirka 400 Mill. Euro vor sich her", sagt der schulpolitische Sprecher der SPD-Ratsfraktion Peter Geiling. In den nächsten Jahren gehen 22 Mill. Euro in die Sanierung der Humboldt- und der Ostwaldschule. Dringender Handlungsbedarf besteht auch bei der 3. und 120. Grundschule, der Christoph-Arnold- und der Wilhelm-Wander-Grundschule sowie der Lene-Voigt-Mittelschule. (Quelle: LVZ, 05.06.2008)

Quelle: http://www.sachsen-macht-schule.de, Pressemitteilung vom 30.05.2008

Schulsanierung mit über 150 Millionen Euro gefördert
Viele Sanierungsrojekte der Schulträger profitieren von neuer Förderrichtlinie

Seit Beginn dieses Jahres sind bereits für 145 Schulen in ganz Sachsen Fördermittel für den Schulhausbau freigegeben worden. Das Gesamtvolumen der Förderung beläuft sich bis zum 30. Mai 2008 auf rund 158 Millionen Euro. Damit ist das im Januar angekündigte Ziel der sächsischen Staatsregierung für Schulbauvorhaben bereits nach fünf Monaten erreicht.

Einer der Hauptgründe für dieses rasche Ergebnis ist die seit Jahresbeginn gültige Förderrichtlinie zum Schulhausbau. Die neuen Rahmenbedingungen haben das gesamte Förderverfahren enorm beschleunigt. "Die neue Förderrichtlinie hat sich damit bestens bewährt", sagte Kultusminister Steffen Flath heute in Dresden.

Die Fördermittel kamen neben den Programmen des Kultusministeriums vom Europäischer Fond für regionale Entwicklung (EFRE), dem Investitionsprogramm "Zukunft Bildung und Betreuung" und Landesmitteln zur Stadtsanierung.

Seit Anfang der 90er Jahre sind aus dem Haushalt des Kultusministeriums in den Bau und die Sanierung von Schulen mehr als 1,7 Milliarden Euro Fördermittel geflossen. Sachsen ist heute eines der wenigen Bundesländer, das noch landeseigene Fördergelder für den Schulhausbau zur Verfügung stellt.

Einige Anmerkungen von Werner Rügemer

die angaben sind klischeehaft und nicht entscheidungsrelevant, was insgesamt darauf hindeutet, dass nach vorherrschendem muster entschieden werden soll, also zulasten der öffentlichen hand. das würde bedeuten, dass die eigentlichen fragen

  • wie sieht die von der stadt in einem transparenten verfahren selbst durchgerechnete eigenrealisierung aus?
  • wie sehen die verträge des generalunternehmers mit den subunternehmen aus?
  • wie sieht die gewährleistung des investors am ende der meist 30jährigen mietzeit aus?
  • wie hoch ist der rückkaufpreis?
  • wie hoch sind die transaktionskosten?

usw. nicht gestellt werden.

siehe dazu mein jetzt erschienenes Buch

Werner Rügemer:
Heuschrecken im öffentlichen Raum. Public Private Partnership – Anatomie eines globalen Finanzinstruments
transcript Verlag, Bielefeld 2008. 168 Seiten, kart., 16,80 Euro. ISBN 978-3-89942-851-3, siehe auch http://www.transcript-verlag.de/ts851/ts851.php

Das Prinzip des in Grossbritannien entwickelten Finanzprodukts Public Private Partnership (PPP) gilt inzwischen weltweit, in der EU und auch in Deutschland als neues Heilmittel gegen Staatsverschuldung und Investitionsstau. Dabei übernimmt der Investor nicht nur den Bau etwa einer Schule, eines Rathauses, einer Straße oder eines Gefängnisses, sondern auch Planung, Finanzierung und langfristigen Betrieb, während die öffentliche Hand im Gegenzug 20 bis 30 Jahre eine Miete zahlt.

Neben den Merkmalen und bisherigen Ergebnissen in Grossbritannien bietet das Buch Falldarstellungen über Akteure, Lobbyisten-Netzwerke und Gesetze in Deutschland: u.a. Schulen, Mautstrassen, Messehallen, Tunnels, e-government. Charakteristika von PPP, die den Medien, Abgeordneten und Stadträten üblicherweise vorententhalten werden, werden offengelegt: Geheimhaltungspflichten, getrickste Wirtschaftlichkeitsvergleiche, Struktur der komplizierten Vertragswerke, Transaktionskosten, Anpassungsklauseln, Verpfändung der Verträge (Forderungsverkauf), statistische Kosmetik.

Auch die betriebs- und volkswirtschaftlichen Folgen und Kollateralschäden auf nationaler sowie auf EU-Ebene – z.B. niedrige Bauqualität, Steuerverluste des Staates, schleichende Staatsverschuldung, Mieterhöhungen, Ausschaltung des Mittelstands, Einsatz von Niedriglöhnern – werden erstmals zusammenfassend dargelegt.