PPP.Kritik-kurz-und-knackig
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PPP und Schulen in Leipzig – eine Denk(anregungs)schrift - oder:
PPP/ ÖPP Kritik - kurz und knackig
(ÖPP steht für „Öffentlich Private Partnerschaften“, englisch auch „PPP“ genannt (Public Private Partnership))
Siehe:
- PPP-Irrweg Kampagne von attac Deutschland, W!B und anderen.
- http://www.linke-sozis.de (2015-04-27, HGG: nicht erreichbar)
- Gerline Schirmer: PPP ist die gesetzlich geschützte Form Deutschland zu ruinieren. http://www.gerlinde-schermer.de/gerlinde-schermer/politik/wirtschaft/ - 2015-04-27, HGG: Link dort auf http://www.linke-sozis.de nicht auflösbar
Quellen:
- Gerlinde Schermer ((G.S.) - verschiedene Online-Beiträge und E-Mails) und
- Werner Rügemer (»Heuschrecken« im öffentlichen Raum: Public Private Partnership - Anatomie eines globalen Finanzinstruments (Broschiert), ISBN-13: 978-3899428513, Verlag: Transcript)
- und andere Autoren
Siehe auch:
- PPP-Irrweg Kampagne von attac, APRI, W!B und anderen
- verdi: PPP - wie preiswert und partnerschaftlich sind die Konstrukte?
- GEW zu PPP auf S.8-10
- Die Böckler Stiftung zu PPP
- ÖPP-Modelle in der Kritik des Obersten Bayerischen Rechnungshofs (ORH)
Kritikfelder:
- Demokratie und
- Pflichtaufgaben bzw. die
- Hoheit des Staates
- Rechtsfragen
- Haushaltsfragen
- Gesetze
- Finanzmärkte
- Lobbyismus
- Risikoverteilung und Haftung
Eine Reihe von Kritikpunkten:
- Öffentliche Angelegenheiten dürfen nicht in tausendseitigen, undurchschaubaren Geheim-Verträgen geregelt werden – das geht alle und jeden an! Geheimverträge sind gemein(e ) Verträge!
- Es drohen private Schiedsgerichte, statt ordentlicher öffentlicher Gerichte, wenn Verwaltung und Stadträte nicht aufpassen oder schwach (gemacht) werden bei der Vertragsabfassung.
- Kein Stadtrat oder Parlamentarier soll oder darf Verträge abschliessen, die er nicht umfassend versteht.
- Apropos – so halten es auch seriöse(!) Banker: Sie machen keine Geschäfte, mit Dingen die sie nicht verstehen. (Habe ich sinngemäß aus dem Munde eines Privat-Bankiers im Jahre 2008 vernommen)
- ein Zitat von Gerlinde Schermer (G.S.): "Die mit PPP immer verbundenen Verkäufe von Forderungen (ABS) gegen die Kommune, liefern die Kommunen dem internationalen Finanzmarkt aus und sind abzulehnen."
- ABS steht für ‚Forderungsbesichertes Wertpapier‘ - eine der Ursachen bzw. Elemente der Welt-Wirtschafts- und -Finanzkrise 2007-2009 ff.! - ABS
- siehe auch "Verbriefung" - (lt. Wikipedia: „Verbriefung (englisch: Securitization) bedeutet die Schaffung von handelbaren Wertpapieren (englisch:Securities) aus Forderungen (= zukünftige Zahlungsströme) oder Eigentumsrechten im weitesten Sinne.“) - Verbriefung, speziell: Verbriefung als Asset_Backed_Securities
- <--- Letzteres beschreibt das, was Kommunen bei PPP "passiert", wohl recht gut.
- es droht nicht nur – es ist eine Erhöhung der (indirekten/verdeckten) Verschuldung(, egal wie es im Haushalt dargestellt wird)
- PPP bietet anlagesuchendem Fondskapital neue Verwertungsmöglichkeiten – die nächste Runde der Privatisierung öffentlicher Daseinsvorsorge!!
- Das Gerede von einer Win-win-Situation ist in meinen Augen eine leere Formel (Zitat: „... öffentliche Hand nur noch als Nachfrager ...“ - lt. einem Papier der sPD-BT-Fraktion 2005),
- stattdessen will der PPP-Generalunternehmer und die beteiligten Banken sich langfristig künftige Einnahmen der Stadt sichern bzw. aneignen
- Gemeinwohlorientierung und Gewinnmaximierung sind einander widersprechende Ziele, denn
- „Partnerschaft setzt gleiche Interessen voraus, gleiche Rechte, gleiche Ziele.“ (G.S.)
- wenn man keine regulären Kredite (als Bürger, Firma oder Kommune) mehr erhält, nicht kreditwürdig ist, dann kann der gesunde Menschenverstand auch keine als PPP bzw. als Betreibergebühr, für ein eigenes Haus, getarnten Kredite für die Sanierung von fünf Schulen für 25, 50 oder 75 Mio. Euro aufnehmen bzw. eingehen.
- es entsteht/ entstand auch in Leipzig der Eindruck, die sogenannten Investoren schlagen vor, was und wieviel sie gern ver-PPPen würden ...
- eine kritische Begleitung der geplanten PPP-Projekte reicht nicht
- die detaillierte Einzelfallprüfung klingt gut, aber bis heute gibt die Stadtverwaltung Leipzig - meiner Meinung nach - nur „Spielzeuginformationen“ heraus (Vorlagen vom 18.06.2008, 17.12.2008)
- was wurde denn bisher (monatelang) von wem(?) wie konkret geprüft und erarbeitet? Stichwort Wirtschaftlichkeitsprüfung. Gibt es im Februar 09 nun endlich Klartext?
- Habe im eRIS – elektron. RatsInformationsSystem - für den Stadtrat am 25. Februar 2009 noch nichts Konkretes dazu entdecken können (Richtig? - Stand 29.1.09 – Richtig – Stand 31.1.09)
- Wer erstellt(e) das herangezogene, herkömmliche Vergleichsangebot?
- Schon die Annahmen zur Ermittlung des PSC-Wertes (s.S.7 einer der o.a. Vorlagen) zur Ermittlung der Effizienz müssen falsch oder zumindest fragwürdig sein, wenn sowohl bei PPP/ÖPP als auch bei herkömmlicher Erstellung: der Stand der Technik und des Projektmanagement bei der Reko/ Modernisierung, als auch beim späteren Betrieb vorausgesetzt/ angenommen wird.
- auch Kommunen können relativ einfach Know-How entwickeln: junge Absolventen einstellen, plus (mittelalte ;-) Berufserfahrene und alte Hasen zu Kollektiven formen, gemeinwohlorientierte Ziele setzen und ihnen Vertrauen schenken.
- Es besteht permanent die Gefahr von Informationsasymmetrien zwischen dem sogenannten Investor (der kaum/ kein Eigenkapital mitbringt, sondern stattdessen zur Bank geht), den spezialisierten Juristen und Beratern, sowie der öffentlichen Hand (Bsp.: Rechtsamt Leipzig) bzw. der Bürgerschaft.
PSC-Wert - Bestandteile des Public Sector Comparator (PSC):
- Investitionskosten
- Finanzierungskosten
- Unterhaltungs- und Betriebskosten
- Transaktionskosten
- Risikokosten
- „Mit dem Public Sector Comparator (PSC) wurde ein Maßstab zum Vergleich der Kosten von öffentlicher und privatwirtschaftlicher Realisierung unter Berücksichtigung des Risikotransfers entwickelt.“
- „In Großbritannien erfolgt der Vergleich zwischen konventioneller öffentlicher und privatwirtschaftlicher Realisierung mit Hilfe des so genannten Public Sector Comparator (PSC). Dabei wird der Barwert des Cashflows der PPP-Variante mit dem Barwert der Ausgaben bei der konventionellen Realisierung verglichen.“
... laut einem Papier des Bundes deutscher Banken
aus http://www.freitag.de/2007/36/07360401.php
Weitere Kritik:
- Inwieweit die Öffentlichkeit wirklich einen Nutzen haben, ist bisher (objektiv) nicht belegt – es sind bisher nur wenige Jahre der vereinbarten Laufzeiten vergangen
- schlechte Beispiele sind aber bereits zu besichtigen - siehe Rügemer und Schermer
- es werden hoheitliche bzw. Pflichtaufgaben des Gemeinwesens
- (Bsp.: Amtsgericht Leipzig) an private Unternehmen übertragen:
- Beipiele: Justizzentrum Kaßberg in Chemnitz, Stadtverwaltung Würzburg - Stichwort Poststelle und interner Botendienst im Justizzentrum – es sind nicht mehr Angestellte des öffentlichen Dienstes, sondern des PPP-Betreibers
- die Laufzeit der Verträge beträgt oft 20/ 25/ 30/ 40 Jahre – ein Sanierungszyklus beträgt ca. 30-40 Jahre – in welchem Zustand sind die Objekte dann?
- welcher Stadtrat/ Abgeordnete ist dann noch in Verantwortung bzw. "greifbar"?
- Risikoverteilung und Haftung
- Wie soll eine örtliche PPP-Projektgesellschaft - gegründet vom "Investor" - mit (zu) wenig Eigenkapital ausgestattet, den wirklich und praktisch Risiken und Haftung übernehmen? Das ist ein im PPP-Verfahren (bewußt) eingebauter Konstruktionsfehler! Siehe - nur ein Bsp.
- ...
Forfaitierung mit Einredeverzicht
aus http://www.handelsblatt.com/wirtschaftswiki/index.php?title=Forfaitierung
- Zitat: „Im Gegensatz zu klassischen Projektfinanzierungen übernehmen die Privaten bei der Forfaitierung kaum Risiken.“ aus
http://www.handelsblatt.com/wirtschaftswiki/index.php?title=Forfaitierung - 2010-02-15, 16:32
- Fortsetzung: „Bei der Forfaitierung dagegen verbleiben die meisten Risiken beim Staat. Sobald die Infrastruktur fertig gestellt ist, tritt die Projektgesellschaft ihre Forderungen gegenüber der öffentlichen Hand an eine Bank ab. Die staatliche Seite leistet einen Einredeverzicht, durch den sie die jährlichen Zahlungen auch leisten muss, wenn die Projektgesellschaft Zusagen nicht einhält. Die Bank übernimmt kaum Risiken und kann daher, auch aufgrund der erstklassigen Bonität des öffentlichen Partners, Konditionen anbieten, die nahe an denen für Kommunalkredite liegen.“
- "Forfaitierung mit Einredeverzicht" geht lt. Werner Rügemer so:
„Nach der Unterschrift der Oberbürgermeisterin - sie ist die Chefin der Verwaltung - geht der Investor mit dem Mietvertrag zu seiner Bank und verkauft ihr die Mietforderungen. Die Bank schätzt den Gesamtwert der Mieten für die gesamte Laufzeit, in Mülheim also für 25 Jahre. Die Bank zahlt dann an SKE Facility Management den Gesamtbetrag sofort aus, mit gewissen Abzügen. Das ist die "Forfaitierung" (von französisch forfait = Pauschale).
Im Gegenzug zahlt die Stadt Mülheim die Miete nicht, wie gerade im Stadtrat beschlossen, an den Investor, sondern an die Bank. Die Stadt verpflichtet sich dabei, pünktlich immer die volle Miete zu zahlen, unabhängig davon, ob der Investor beim Bau und Betrieb des Medienhauses mangelhaft arbeitet oder gar pleite geht. Das ist der "Einredeverzicht". „
Einige Fragen an die Politik – nicht nur in Leipzig
- Auf wessen Rücken wird der vermeintliche Effizienzgewinn erwirtschaftet?
- Welche Risiken werden wie verteilt bzw. von wem getragen? Konkret bitte!
- Um PPP für die Wirtschaft attraktiv zu machen wurden extra eine Reihe von Bundesgesetzen geändert – das soll ohne Nebenwirkungen für das Gemeinwohl abgehen?
- Diese Änderungen wurden damit begründet – man höre und staune – das bisher PPP dadurch „diskriminiert“ wurde! Gesetze , die schon länger in der Bundesrepublik/ diesem Gemeinwesen funktionierten!
- Wer erstellt ein Gegengutachten zu dem der PPP-Gläubigen und -Verfechter?
- ...
Forderungen
- Volle Transparenz für alle Stadträte über alle in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft laufenden Prozesse, Dokumente und Aktivitäten im Rahmen der Daseinsvorsorge – Pflichtaufgaben und freiwillige Aufgaben betreffend!
- Als mündige Bürger bestehen wir auf voller Akten- und Vertrageinsicht bei Projekten, die mit Steuergeldern finanziert werden.
- kurz: Offenlegung der Verträge!
- Im Streitfall kann es nur ordentliche öffentliche Gerichte geben!
- keine Forfaitierung mit Einredeverzicht – sonst landen die Gelder der Kommune umgehend auf dem Finanzmarkt und bei Schlechtleistung gibt es keine oder nur sehr begrenzte Möglichkeiten für die Kommune ihre Interessen durchzusetzen!
- konventionelle Realisierung der fünf Schulbauvorhaben (in Leipzig 2007-09) mit Mitteln des Konjunkturpaketes II!
- ...
(Mein) Fazit:
- ÖPP/ PPP tarnt sich als „Beschaffungsvariante“
- es verkleinert die Gestaltungsspielräume einer Kommune für die Zukunft
- die an den Tag gelegte Geheimhaltung ist undemokratisch
- die Anpassung der Gesetze an PPP muß rückgängig gemacht werden.
- kein PPP mit Konzernen
- „mikroPPP“ ist wohl schon wieder ne andere Baustelle (was ich damit meine?: ein Beispiel könnte http://www.familienfreund.de/ sein)
- eine nachhaltige Gemeindefinanzreform muß her, die die strukturelle Unterfinanzierung unserer Kommunen beendet!
weitere Links zum Thema:
- http://de.wikipedia.org/wiki/Public_Private_Partnership#Kritik
- http://www.leipzig-netz.de/index.php5/PPP
- http://www.ungesundleben.org/privatisierung/index.php/%C3%96PP
(ÖPP)
- http://de.wikipedia.org/wiki/Public_Private_Partnership (Stichwort: NPOV ;-)
- http://www.freitag.de/2007/36/07360401.php - Forfaitierung mit Einredeverzicht
- Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Public Private Partnerships (PPP): Eine Potenzial- und Problemanalyse (Broschiert), Diplomarbeit, Holger Seikrit
Kontakt: leipzig (at) attac .de oder info (at) ppp-irrweg .de