APRIL.Kommentare.HGG.2007-11-01
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Zum Angebot SWL-Anteilsverkauf
Wer schon einmal Monopoly gespielt hat, der weiß den Unterschied zwischen dem kurzfristigen Effekt des Verkaufs einer Karte und dem langfristigen Effekt des Behaltens zu würdigen. Besonders, wenn die Kohle kurz vor der eigenen Insolvenz von einem der Partner mit dickem Portfolio am Tisch herübergeschoben wird.
An dieses Szenario erinnert die aktuelle Situation in Leipzig, das im großen Energie-Monopoly der Nach-Peak-Oil-Ära gerade eine strategische Karte aus der Hand geben will und triumphierend auf den Batzen Geld verweist, den es dafür erhält. Das weitere Szenario ist aus vielen ähnlichen Fällen weitgehend bekannt und wohl nur denjenigen nicht sichtbar, die sich noch immer an des Kaisers neuen Kleidern erfreuen können.
Wieso meint also OBM Jung
- dass die SWL mit einem Anlagevermögen im dreistelligen Millionenbereich zukünftig mehr als eine Außenstelle von Gaz de France (32 Mrd. Euro Börsenwert) sein wird oder gar eine eigenständige Geschäftspolitik verfolgen könne?
- dass ein selbst von der Stadt bestellter Geschäftsführer der SWL mehr Handlungsmöglichkeiten hätte als ein Filialleiter in einem Praktiker-Baumarkt?
- dass also ernsthaft der Schwanz (die Stadt Leipzig) mit dem Hund wedeln könne?
Die "glitzernde Kugel" der 520 Mill. Euro liegen weit über den Erwartungen selbst des mit den Verkaufsverhandlungen betrauten Leif Zierz von der KPMG. Nun haben wir in 17 Jahren gelernt, dass in dieser Gesellschaft nichts verschenkt wird. Auch haben wir inzwischen gelernt, was "Forfaitierung" und "Forfaitierung mit Einredeverzicht" bedeutet. Wer's noch mal nachlesen möchte:
- Welche Erwartungen verbindet also Gaz de France mit seinem Angebot?
- Was haben die Privatisierer bisher übersehen, wenn sie selbst von der Höhe des Angebots überrascht sind? Ist die strategische Bedeutung der Stadtwerke doch sträflich unterbewertet worden?
- Welche Verpflichtungen geht die Stadt gegenüber dem Anbieter ein?
Die Verträge müssen auf den Tisch oder zumindest von unabhängigen Experten unter Ägide aller Stadtratsfraktionen geprüft werden.
Dr. Hans-Gert Gräbe, 1.11.12007