WAK.MB-Debatte.7-08-SH
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Beitrag aus dem Mitteilungsblatt 7+8-2008 des Stadtverbands der Linkspartei
Leserbrief
Im Mitteilungsblatt 6/2008 hat sich Gen. Meurer zum Prozess der inneren Festigung unserer neuen Linken der organisatorischen Vereinigung von Linkspartei und WASG geäußert und hat sich mit einer eigenartig anmutenden Analyse erneut eingebracht. Wir stehen zur Vielfalt der Meinungen als eine der Stärken unserer linken Partei, wenn es der parteilichen Klärung und Festigung der linken Positionen zur politischen Wirksamkeit in der heutigen gesellschaftlichen Auseinandersetzung für unsere sozialistische Zielstellung nutzbringend ist.
Der Titel seines Beitrags zur Diskussion u. a. zum Verhältnis von Mehrheiten und Minderheiten „Weder langer Atem noch Brechstange“ weckt die Hoffnung auf eine vernünftige baldige politisch einigende Lösung für das Handeln auch bei unterschiedlichen linken Auffassungen der Mitglieder im Stadtverband unserer neuen Linken.
Wenn man jedoch den Kern seines Beitrags betrachtet, indem er sich als ein in einer Minderheit stehenden Kritikers selbst definiert, so stellt er die Mehrheit der Genossen des Stadtverbandes als inkompetente, fehlinformierte und unkritische Mitglieder dar, die eine „intendierte Grundauffassung der Funktionärsgruppe“ stützen.
Mir liegt es nicht, den mit der eigenen vieljährigen ehrenamtlichen politischen Tätigkeit in einem Ortsverband verbundenen hohen persönlichen Einsatz beziehungsweise das wirksame politische Handeln und Auftreten in der Öffentlichkeit für unsere sozialistischen Inhalte herauszuheben, weil es viele sind, die so unserer Partei Profil geben. Bei der so diskreditieren kritisierten Mehrheit im Stadtverband handelt es sich um sehr viele solcher Genossinnen und Genossen, die im täglichen politischen Geschehen nach der Wende bewiesen haben, Treue für die sozialistischen Ideale zu bewahren, gelernt haben selbstkritisch zu sein, Toleranz zu üben und ihren Kopf und politischen Willen für das Machbare einzusetzen.
In dem Beitrag ist für mich nicht erkennbar, ob hier gleiche politische Maßstäbe als „Kritiker“ an sich selbst gesetzt werden, wie sie von der „ Mehrheit“ angemahnt werden.
Sehr richtig ist ausgedrückt, dass der politische Wille von allen notwendig ist. Politischer Wille ist ein subjektiver Begriff, der sinnvoll wird, wenn er in der Erkenntnis weit gehend der objektiven Realität nahe kommt.
Praktisch zeigt sich das gegenwärtig daran, mit wie viel an politischem Einsatz die Möglichkeit des Sozialtickets für die sozial gebeutelten Bürger Leipzig erkämpft werden muss.
Die Analyse im Beitrag zu der pauschal formulierten Mehrheit und Minderheit und zu unseren Funktionären ist offensichtlich mehr der subjektiven Seite zuzuordnen und zeigt meines Erachtens nicht zuletzt ein Autoritätsproblem. Nachdenklich machen sollte deshalb abschließend auch ein Zitat von Friedrich Engels, indem er der Frage der Überordnung beziehungsweise Unterordnung des Willens nachgeht, um sinngemäße Schlussfolgerung anzuregen: „einige Sozialisten haben letzter Zeit einen regelrechten Kreuzzug gegen das eröffnet, was sie das Autoritätsprinzip nennen. Sie brauchen nur zu sagen, dieser oder jener Akt sei autoritär, um ihn zu verurteilen. Mit diesem summarischen Verfahren wird derart Missbrauch getrieben, daß es nötig ist, die Angelegenheit ein wenig aus der Nähe zu betrachten. Autoritäten in dem Sinn des Wortes, um den es sich handelt, soll soviel besagen wie: Überordnung eines fremden Willens über den unseren; Autorität setzt auf der anderen Seite Unterordnung voraus.“ Und er fährt dann fort: „wir haben also gesehen, dass einerseits eine gewisse, ganz gleich auf welche Art übertragene Autorität und andererseits eine gewisse Unterordnung Dinge sind, die sich uns aufzwingend unabhängig von allen sozialen Organisationen...“ Abschließend stellt er fest: „Also von zwei Dingen eins: entweder wissen die Antiautoritarier nicht, was sie sagen, und in diesem Fall säen Sie nur Konfusion; oder sie wissen es, und in diesem Fall üben sie Verrat an der Bewegung des Proletariats.“
Siegfried Heinrich