WAK.MB-Debatte.4-08-JF

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Beitrag aus dem Mitteilungsblatt 4-2008 des Stadtverbands der Linkspartei

Wie und für wen arbeitet die Stadtratsfraktion der LINKEN?

Ich erlaube mir ein Urteil, weil ich die Arbeit der Fraktion seit 1994 gut kenne. Sie wird in den Äußerungen und Texten der Stadtforumsgruppe – so will ich die Kritiker nennen – immer wieder als abgehoben oder gar losgelöst von der Partei bezeichnet, es gäbe keine Zusammenarbeit zwischen (Stadt-)Partei und Fraktion und sie soll sogar die Partei dominieren. Abgesehen davon, dass eine Fraktion kein Parteiorgan ist (sie ist ein Zusammenschluss von Stadträten zur Erreichung gemeinsamer politischer Ziele; sie ist der Gemeindeordnung unterworfen und ihre Tätigkeit wird vom Steuerzahler finanziert) stimmt diese Darstellung absolut nicht. Warum?

1. Bis auf die auf der offenen Liste gewählten Nicht-Parteimitglieder arbeiten alle Fraktionsmitglieder in ihren Basisgruppen, Ortsverbänden u.a. Gremien mit – meist besonders aktiv.

2. Fast alle Fraktionsmitglieder nehmen als Delegierte oder Gäste regelmäßig an den SDK oder SPT teil und diskutieren dort.

3. Die inhaltliche Grundlage für die Arbeit der Fraktion ist das Kommunalwahlprogramm (KWP), das letzte stammt von 2004. Dieses KWP wurde – wie auch die vorhergehenden – in zahlreichen Arbeitsgruppen von Genossen und auch Sympathisanten erarbeitet, in vielen Gremien diskutiert und von der SDK beschlossen. Auf der Basis dieses KWP haben etwa genau so viel Bürger die PDS gewählt wie die CDU und die SPD, alle 3 Fraktionen sind nämlich gleich groß. Dieses KWP ist ein Programm der Partei, es vertritt die Linie der Partei (dass es damals noch die PDS war, kann man niemandem vorwerfen – obwohl es Vorwürfe dieser Art gibt; es gilt für eine Wahlperiode bis 2009 und ich sehe keinen Grund, es jetzt noch zu ändern). Die Fraktion arbeitet inhaltlich danach und zwar erfolgreich (s. z.B. Halbzeitbilanzen und die auf dem Stadtparteitag Ende Februar vorgelegte Übersicht). Das zeigt auch die für die gemeinsame Klausurberatung von Stadtvorstand und Fraktion am 5. April 2008 erarbeitete Analyse der Umsetzung des KWP. Gleichzeitig beginnt die Arbeit am neuen KWP für 2009. Ich fände es sehr gut, wenn die Stadtforumsgruppe daran intensiv mitarbeiten würde.

4. Wenn man sich in o.g. Weise über die Fraktion äußert, sollte man deren Arbeit und Arbeitsweise wenigstens kennen. Die Fraktion hat auf Grund vieljähriger Erfahrung eine – wie ich finde – recht effektive Arbeitsweise gefunden (da es eine sehr aufwändige ehrenamtliche Arbeit ist – meist neben dem Beruf –, ist Effektivität sehr wichtig). Die Fraktionssitzungen (i.d.R. zwei pro Monat) werden inhaltlich in drei Arbeitskreisen vorbereitet, denen außer den fachlich zuständigen Stadträten auch „Fachberater“ (wie ich z.B.) angehören. Dort werden eigene Anträge und Anfragen, Anträge anderer Fraktionen oder Stadträte sowie Vorlagen und andere Materialien der kommenden Ratsversammlung vorberaten, ausführlich diskutiert (auch unter Einbeziehung der lokal zuständigen Stadtbezirksbeiräte unserer Partei) und mit einer Empfehlung an die Fraktion weitergeleitet. Wir sitzen dort als Genossen und beraten im Sinne der Partei. Dasselbe gilt für die Fraktionssitzungen, die oft 4 – 5 Stunden dauern, viele unterschiedliche Dinge behandeln müssen und sowohl aus Gründen der Vertraulichkeit bei strategischen und taktischen Überlegungen als auch aus Gründen der Effektivität nicht generell geöffnet werden sollten. Soweit ich weiß, können die Mitglieder des Stadtvorstandes (und auch höherer Gremien) als Gäste an den Fraktionssitzungen teilnehmen. Wer hat das wahrgenommen, auch von den ausgetretenen Vorstandsmitgliedern? Ebenso sehe ich keinen von den Kritikern auf der Empore bei Ratsversammlungen. All das, was ich hier genannt habe, kostet viel Zeit und Kraft und sollte nicht verunglimpft werden.

5. Ein letzter Punkt: Für einen Stadtrat der LINKEN ist es selbstverständlich, dass er sich vor allem für soziale Belange und für die Interessen der Schwächsten in der Gesellschaft einsetzt. Das zeigt die Arbeit unserer Fraktion von Anfang an. Aber ein Ergebnis, einen Beschluss – der dann auch umgesetzt werden muss – herbeizuführen, ist ein mühsamer und i.d.R. langwieriger Prozess. Das geht nicht im Hauruckverfahren oder „mit der Brechstange“. Als Beispiel will ich das Sozialticket nennen. Abgesehen davon, dass es anfangs auch in der eigenen Partei Skeptiker gab, brauchte es einen langen Atem und viele Gespräche, zwei weitere Fraktionen für diesen Beschluss zu gewinnen – und natürlich außerparlamentarischen Druck (dank Pia Witte und Petra Weißfuß und ihren Mitstreitern aus der ASG Soziale Politik – ich hätte mir übrigens gewünscht, wenn die AG ASG sich mit dieser AG zusammengetan hätte, anstatt eine eigenständige AG zu bilden). Obwohl der Sozialbürgermeister Fabian dies aus finanziellen Gründen abgelehnt hat, will die SPD-Fraktion bei ihrer Zustimmung bleiben – trotzdem ist die Sache noch nicht „gegessen“. Ich hoffe, ich habe zeigen können, dass die Vorwürfe gegenüber unserer Stadtratsfraktion nicht gerechtfertigt sind und nicht zur Stärkung der Arbeit unseres Stadtverbandes beitragen. Ich hoffe sehr, dass im Stadtverband zu einer konstruktiven Arbeit zurückgefunden wird.

Joachim Finster