WAK.MB-Debatte.11-08-PF

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http://www.die-linke-in-leipzig.de/dokumente/mitteilungsblatt/2008

Quelle: http://groups.google.de/group/leipziger-linke/msg/ae392679b1171009

Werte Genossinnen und Genossen der AG Senioren,

wie sicherlich Ihr alle war auch ich Mitglied der SED. Und wie alle ehrlichen SED-Mitglieder habe auch ich seit Beginn dieser Mitgliedschaft mir auf die Fahne geschrieben, alles zu tun für Frieden, soziale Sicherheit und die Wahrung soziali-stischer Ideale. Wenn Ihr im Mitteilungsblatt unter "Werter Genosse Paul und Verbündete" schreibt, bei Euch wäre das erst seit November 1989 so, stellt Ihr Euer Licht doch gehörig unter den Scheffel. Denn dafür brauchen wir alle uns doch nicht zu schämen. Deswegen haben die DDR und die SED das Zeitliche nicht gesegnet. Sie sind vielmehr sang- und klanglos aus anderen Gründen untergegangen. Zu diesen Gründen gehörte vor allem die Strangulierung der Demokratie außerhalb und innerhalb der Partei und damit eng verbunden ein misstrauischer Sicherheitswahn. Innerhalb der Partei galt der Grundsatz "Was Leitungen tun, ist wohlgetan; denn deren Beschlüsse repräsentieren kollektive Weisheit". Und dann gab es noch die Verpflichtung zur Einheit und Geschlossenheit der Partei.

Warum Ihr Ende 1989 bei der Stange geblieben seid, weiß ich freilich nicht. Doch ich weiß, warum ich geblieben bin. Ich blieb, weil der Außerordentliche Parteitag im Dezember 1989 sich das vom Halse schaffte, die Erneuerung der Partei - egal wie ihr Name lautet - beschlossen hat und in seinen Dokumenten festschrieb: "Ziel und Weg der Erneuerung der Partei ist eine im Parteileben praktizierte und garantierte innerparteiliche Demokratie."

Und zu den Rechten aller Mitglieder wurde festgelegt:

"Das Mitglied ist berechtigt:...
b) Kritik an Beschlüssen zu üben und seinen Standpunkt zu vertreten;
c) eine sorgfältige Behandlung seiner Vorschläge, Hinweise, Kritiken abzufordern sowie Anfragen an jede Leitung zu richten;
.......
e) sich an die Öffentlichkeit zu wenden und dafür die Medien zu nutzen;
....... ." (Protokoll, S. 438 + S. 439).

Das war mir aus der Seele gesprochen, denn ich hatte mir, als alles zusammenbrach, geschworen, mich niemals mehr zum Parteisoldaten degradieren zu lassen. Im Laufe der Jahre sind diese Rechte verschwommener formuliert worden. Doch im Grundsatz sind sie glücklicherweise erhalten geblieben und wenn in der gegenwärtigen Satzung steht, jedes Mitglied habe das Recht, an der Meinungs- und Willensbildung mitzuwirken und zu allen Parteiangelegenheiten unge-hindert Stellung zu nehmen, so deute ich dies im Sinne der Formulierungen von 1989.

Und natürlich geht in der Partei nichts ohne ein bestimmtes Grundvertrauen aller Mitglieder zueinander. Bis zum Beweis des Gegenteils haben den Anspruch auf Grundvertrauen ausnahmslos und ohne Abstufungen alle Mitglieder, mithin Mandatsträger und Funktionäre keinen höheren als Mitglieder ohne Amt und Würden. Ich denke, das wird von Euch nicht ernsthaft geleugnet. Vollinhaltlich stimme ich Eurer Einschätzung zu, dass es in der V-Mann-Affäre um Machtfragen geht. Allerdings darum, errungene Machtpositionen nicht antasten zu lassen. Könnt ihr es mit Euren SED-Erfahrungen wirklich rechtfertigen, dass in diesem Kampf um Erhalt oder Verlust von Macht ungeprüft und unbewiesen das politische und moralische Todesurteil über einen Genossen ausgesprochen (etwas anderes ist eine V-Mann-Beschuldigung nicht) und in die allgemeine Öffentlichkeit lanciert wird, quasi als nebensächlicher Kollateralschaden, weil Fehler macht, wer arbeitet? Wohin soll uns das führen? Wieder zu 1989? Ich jedenfalls werde trotz Diffamierung und Verächtlichmachung weiterhin alles mir Mögliche unternehmen, um das zu verhindern! Und Ihr???

Ich fordere die Verfasser dieses Auftragsartikels auf, auf der Grundlage meiner Aussagen und Einschätzungen zur Entwicklung der Partei DIE LINKE in der Dokumentation der AG Diskurs-leipzig-linke und anderer Dokumente des Stadtverbandes ihre Behauptungen zu meiner Person zu belegen.

Ich bin bereit, zu nachgewiesenen Unzulänglichkeiten in meinen gemachten Ausführungen öffentlich Stellung zu nehmen. Von der Redaktion des Mitteilungsblattes des Stadtverbandes DIE LINKE.Leipzig erwarte ich die Veröffentlichung dieses Beitrages.

Mit sozialistischem Gruß, Paul Frost