WAK.AG-Diskurs.Schiedsverfahren.2008-Sonderparteitag.BSK-20090606

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Schlichtungs- und Schiedsverfahren zur Nichteinberufung eines Sonderparteitags im Frühjahr 2008

In ihrer Sitzung vom 06.06.2009 entscheidet die BSK, die Berufung des Stadtvorstands zurückzuweisen. Damit bleibt der Spruch der LSK vom 27.11.2008 in Kraft und das Verfahren ist abgeschlossen.

Aus der Begründung:

I.

Die Parteien streiten über die Anwendung und Auslegung von Satzungsrecht.

Auf eine mit der 2. Tagung des 1. Stadtparteitags der Partei DIE LINKE Leipzig (SPT) am 23.02.2008 beginnende Initiative einer Gruppe von Delegierten des SPT ... wurden Unterstützungsunterschriften von Delegierten des SPT mit dem Begehr der Einberufung eines Sonderparteitags gesammelt.

Die entsprechende schriftliche Vorlage hatte folgenden Wortlaut:

Die unterschreibenden Delegierten verlangen die Einberufung eines außerordentlichen Stadtparteitags zur Rechenschaftslegung, Generaldebatte und Neuwahl eines Stadtvorstandes.
Begründung:
Durch die Rücktritte von insgesamt 5 Mitgliedern des Stadtvorstands in den letzten Wochen ist eine Fortsetzung der Arbeit des bisherigen Stadtvorstands als das politische Führungsorgan ohne eine Grundsatzdebatte nicht mehr möglich.
Laut Satzung des Stadtverbands DIE LINKE Leipzig, beschlossen auf der 1. Tagung des SPT am 22.09.2007, Punkt IV. Der Stadtparteitag (5) Außerordentliche Tagungen gilt:
Außerordentliche Tagungen des SPT müssen vom Stadtvorstand binnen vier Wochen einberufen werden, wenn dies von mindestens einem Viertel der Delegierten oder von mindestens 5% der Mitglieder des Stadtverbands verlangt wird.

Diesem Verlangen folgt Raum für ausdrücklich und ausschließlich Delegierten des SPT vorbehaltene Unterschriften sowie für Angaben zu Vor-, Zuname und Datum der Unterzeichnung.

Am 25.03.2008 wurde dieses Antragsbegehren im Rahmen eiines Stadtforums mit 32 Delegiertenunterschriften von einem der Initiatoren öffentlich an den Vorsitzenden des Antragsgegners und Berufungsführers übergeben.

Auf der Sitzung des Stadtvorstands vom 08.04.2008 wurde der Antragsgegner und Berufungsführer mit dem Antrag befasst. Mit Schreiben vom 15.04.2008 wurde den Initiatoren eine Ablehnung des Begehrens bekanntgegeben.

Der Antragsgegner und Berufungsführer begründet dies in erster Linie mit der Auffassung, als Vorstand berechtigt gewesen zu sein, den Antrag abzulehnen, da die für das Quorum erforderliche Unterschriftenzahl nicht erreicht worden sei. Zum einen seien die Antragsteller schon von vornherein von einer zu geringen Gesamtdelegiertenzahl ausgegangen, so dass 33 Unterschriften erforderlich gewesen wären. Zum anderen hätten einige der unterschriftsleistenden Delegierten später ihre Unterschrift durch eigenhändige Streichung zurückgezogen. Schließlich hätten die das Verlangen vortragenden Delegierten dieses mit einer Tagesordnung, einem Sachantrag und einem Finanzierungsplan verbinden müssen. Letztgenannte Gründe seien jedoch nicht ausschlaggebend für die Zurückweisung des Antrags gewesen.

Gegen diesen Beschluss wurde seitens der Antragsteller und Berunfungsgegner mit Schreiben vom 15.05.2008 fristgerecht bei der zuständigen Schlichtungskommission des SV Leipzig die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens beantragt.

Die Antragsteller vertreten die Ansicht, die notwendige Anzahl der Unterschriften sei erreicht worden. Eine nachträgliche Änderung der Unterschriftsliste sei unzulässig. Diese stelle eine Urkunde dar, deren Erklärungswert - namentlich das Verlangen einer bestimmten Delegiertenanzahl nach Einberufung einer außerordentlichen Tagung zum Zeitpunkt der Erklärungsabgabe - nicht ohne Weiteres rückwirkend geändert werden könnte. Nur unter strengen Voraussetzungen seien nach den Bestimmungen des Zivilrechts Willenserklärungen anfechtbar (etwa nach arglistiger Täuschung, Drohung, Irrtum oder bei Haustürgeschäften). Hierfür seien jedoch keinerlei Anhaltspunkte erkennbar.

Maßgeblich sei die Anzahl der Unterschriften zum Zeitpunkt der Übergabe des Begehrens. Dem Antragsgegner habe es oblegen, die Unterschriften unverzüglich nach Gültigkeit und Anzahl zu prüfen. Über diese Formalitätsprüfung hinaus habe ihr kein weiterer Entscheidungsspielraum zur Verfügung gestanden. An weitere, über das erforderliche Quorum hinausgehende Bedingungen, wie die vom Antragsgegner geforderte Tagesordnung, einen Sachantrag oder gar einen Finanzierungsplan, dürfe die Einberufung eines außerordentlichen Parteitags nicht geknüpft werden, da der Wortlaut der Nr. IV Abs. 5 der Satzung der Partei DIE LINKE Leipzig hierzu keine Aussage treffe.

Nach Scheitern des Schlichtungsverfahrens mit einem den Antragstellern am 30.06.2008 zugegangenen Schreiben der Schlichtungskommission, welches diesen empfahl, entweder den Antrag zurückzunehmen oder die Landesschiedskommission (LSK) anzurufen, stellten die Antragsteller dort mit Schreiben vom 18.07.2008 folgenden Antrag:

Es wird festgestellt, dass die Ablehnung der Einberufung einer außerordentlichen Tagung auf am 25.03.2008 erfolgtem Verlangen von einem Viertel der Delegierten des Stadtparteitags durch den Stadtvorstand des Stadtverbands Leipzig der Partei DIE LINKE. rechtwidrig war.
Hilfsweise wird beantragt:
1. Es wird festgestellt, dass das Verlangen von einem Viertel der Delegierten auf Einberufung einer außerordentlichen Tagung des Stadtparteitages keinen vom Stadtvorstand zu entscheidenden Antrag bildet.
2. Es wird festgestellt, dass es für ein wirksames Verlangen von einem Viertel der Delegierten auf Einberufung einer außerordentlichen Tagung des Stadtparteitages keiner Vorlage einer Tagesordnung oder eines Finanzplanes bedarf.
3. Es wird festgestellt, dass für die Prüfung der notwendigen gültigen Anzahl der Delegiertenunterschriften es auf den Zeitpunkt der Übergabe an den/die VertreterIn des Stadtverbandes ankommt und spätere Anfechtungen und Rücktritte von der Unterstützungserklärung unwirksam sind.
4. Es wird festgestellt, dass es für ein wirksames Verlangen von einem Viertel der Delegierten auf Einberufung einer außerordentlichen Tagung des Stadtparteitages keines Vorliegens eines Sachantrages zu dieser Tagung bedarf.

Am 27.11.2008 wurde die Sache vor der LSK mündlich verhandelt. Nachdem im Laufe der Verhandlung von beiden Seiten übereinstimmend anerkannt wurde, dass das Quorum von einem Viertel der Delegierten tatsächlich und unabhängig von der späteren Streichung einiger Unterschriften nicht erreicht worden ist, erklärten die Antragsteller die Rücknahme des Hauptantrags. Aufrechterhalten wurden jedoch die auf Feststellung gerichteteten Hilfsanträge mit der Begründung, dass die satzungsrechtliche Frage, an welche Bedingungen die Wirksamkeit eines Verlangens zur Einberufung einer außerordentlichen Tagung des SPT geknüpft werden könne, für etwa künftig auftretende vergleichbare Fälle geklärt werden müsse.

Mit Beschluss der LSK vom 27.11.2008 wurde den Hilfsanträgen vollumfänglich stattgegeben. Die LSK stützt sich in ihrer Begründung im Wesentlichen auf die Argumentation der Antragsteller.

Gegen diesen, dem Antragsgegner am 21.01.2009 zugestellten Beschluss legte dieser form- und fristgerecht mit Schreiben vom 02.02.2009, eingegangen am 04.02.2009, bei der Bundesschiedskommission (BSK) Berufung ein.

Auf Aufforderung der BSK vom 04.05.2009 erfolgte schließlich mit Schreiben selben Datums und damit im Rahmen der gesetzten Wochenfrist die Berufungsbegründung. Der Antragsgegner begründet sein Rechtsmittel mit der Auffassung, es sei von Relevanz gewesen, dass sich eine Reihe von Unterschriftsleistenden unmittelbar nach ihrer Unterschrift explizit von dem streitgegenständlichen Anliegen distanziert hätte, was im Sinne eines mitgliedssouveränen Entscheidungsprozesses möglich und zulässig sein müsse. Überdies moniert der Antragsteller und Berufungsführer, die LSK sei über das Antragsbegehren hinausgegangen, wenn sie impliziere, für einen Sonderparteitag bedürfe es keines Sachantrags. Schließlich müsse der Stadtvorstand wissen, wozu er einladen solle. Wenn schon keine Tagesordnung und kein Finanzierungsvorschlag eingereicht würden, ergäben sich diese dann aus entsprechenden Sachanträgen. Der Antragsteller und Berufungsführer begehrt mit der Entscheidung der BSK die Beantwortung der Frage, ob ein Antrag auf Einberufung eines außerordentlichen Parteitags - ein entsprechendes Quorum unterstellt - auch ohne Angabe von Gründen zulässig sei und wie sich Vorstände hierzu verhalten sollten. Es müssten zumindest Themen für solche Veranstaltungen vorgeschlagen werden, die Grundlage der Tagesordnung bilden könnten.

Die Antragsteller und Berufungsgegner beantragten mit Schreiben vom 24.05.2009, die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise die Berufung zurückzuweisen. Sie monierten eine unzulässige Verzögerung der Berufungsbegründung, einen nicht hinreichend bestimmten Berufungsantrag und berufen sich im Wesentlichen auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und die diesem stattgebende Entscheidung der LSK. Klarstellend betonen sie noch einmal, dass die streitgegenständlichen Unterschriftenlisten eindeutig das Tagungsziel und den Tagungsgegenstand bezeichnet hätten. Auf den Listen werde zudem deutlich, dass die Distanzierungen keineswegs "unmittelbar" im Anschluss, sondern in vielen Fällen gar über einen Monat später erfolgten und dies zudem erst nach Abgabe an den Vorsitzenden des Stadtverbands. Einer Tagesordnung und eines Sachantrags habe es für das umstrittene Begehren nicht bedurft, da selbst ein ordentlicher Parteitag allein zur Diskussion eines einzelnen inhaltlichen Themas einberufen werden könne. Für Sachanträge und eine Tagesordnung wäre auch noch nach Behandlung des Verlangens und gegebenenfalls auf der Tagung selbst genügend Raum gewesen. Einen Finanzierungsplan von den Initiatoren des Verlangens zu fordern sei unzumutbar, da sie - anders als der Vorstand - keinerlei Zugang zu den Haushaltsunterlagen des Stadtverbands hätten. Die vom Antragsgegner und Beufungsführer aufgestellten, satzungsrechtlich nicht gedeckten zusätzlichen Hürden dienten letztlich nur dazu, ein Minderheitenrecht von SPT-Delegierten in seinem Keim auszuhöhlen.

Da der maßgebliche Sachverhalt unstreitig ist und lediglich unterschiedliche Rechtsansichten zwischen den Parteien bestehen, wurde sowohl von den Antragstellern und Berufungsgegnern (mit Schreiben vom 24.05.2009) als auch dem Antragsgegner und Berufungsführer (mit Schreiben vom 22.05.2009) auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet und das Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt.

II.

Die Berufung ist zulässig. Zwar gilt die Monatsfrist des § 15 II Schiedsordnung (anders als im Zivilrecht) nicht nur für die Einlegung der Berufung, sondern gleichzeitig für deren Begründung, welche ihrerseits zwingende Zulässigkeitsvoraussetzung ist. Da jedoch die Rechtsbehelfsbelehrung am Ende des angefochtenen Beschlusses der Landesschiedskommission Sachsen nach Aufbau und Gliederung eher eine Trennung von Einlegung und Begründung nahelegt und die Monatsfrist expressis verbis nur an die Einlegung knupft, konnte es die Bundesschiedskommission vertreten, dem Berufungsführer noch einmal die Gelegenheit zur Begründung zu gewähren. Da die Schiedsordnung weniger strenge Anforderungen an den notwendigen Inhalt des Rechtsmittels der Berufung stellt als etwa § 520 Abs. 3 ZPO, ist der Anfechtungsumfang der Berufung im Wege der Auslegung zu ermitteln. Die BSK geht nach der Berunfungsbegründungsschrift vom 04.05.2009 davon aus, dass der Beschluss der LSK vollumfänglich, mithin in seiner Stattgabe sämtlicher Hilfsanträge angefochten wird.

Die zulässige Berufung ist jedoch unbegründet. Die Antragsteller haben ein begründetes Interesse daran festzustellen, auf welchem Wege eine satzungsmäßige Minderheit die Einberufung einer außerordentlichen Tagung des SPT durchsetzen kann und ob und gegebenenfalls welche satzungsrechtlichen und gesetzlichen Voraussetzungen neben dem erforderlichen Quorum erfüllt sein müssen.

Hierzu ist neben der einschlägigen Bestimmung der Nr. IV. Abs. 5 der Satzung der Partei DIE LINKE Leipzig, welche ausweislich ihres Wortlauts die Verpflichtung des Stadtvorstands zur Einberufung einer außerordentlichen Tagung lediglich an ein Quorum von mindestens einem Viertel der Delegierten oder fünf Prozent der Mitglieder des Stadtverbands bindet, mangels einer speziellen Regelung im Parteiengesetz § 37 Abs. 1 BGB heranzuziehen.

Danach muss ein schriftlicher Antrag vorliegen, in dem die Gründe angegeben werden, welche die Minderheit bewogen haben, eine außerordentliche Versammlung zu beantragen. Darüber hinaus muss der Antrag den beabsichtigten Zweck der Versammlung eindeutig erkennen lassen. Hierbei empfiehlt es sich freilich, diesen Zweck gleich als Tagesordnung zu formulieren. Eine Verpflichtung hierzu besteht allerdings nicht. Vielmehr genügt es, dass der Zweck so deutlich formuliert ist, dass sowohl die Unterzeichner wissen, worum es gehen soll, als auch der Vorstand eine hinreichend klare Handlungsvorgabe erhält. Wichtig ist, dass unmissverständlich klargestellt wird, warum und mit welcher Intention eine außerordentliche Versammlung gewünscht wird.

Zwar ist nach dem Vorstehenden die Auffassung der Antragsteller und Berufungsgegner, außer der erforderlichen Mindestanzahl von Unterschriften seien keinerlei weitere Bedingungen für die Wirksamkeit eines entsprechenden Verlangens notwendig, zu eng. Denn § 37 Abs. 1 BGB ist insoweit zwingendes Recht (vgl. Palandt/Heinrichs/Ellenberger, BGB, 67. Aufl., 2008, § 37, Rn. 1).

Doch kommt es hierauf für die Entscheidung nicht an, da die umstrittenen Antragslisten die gesetzlichen Voraussetzungen hinlänglich erfüllen und ein Negieren dieser Voraussetzungen in den Feststellungsanträgen auch nicht begehrt wird. Als Zweck wird die Einberufung eines außerordentlichen Stadtparteitags zur Rechenschaftslegung, Generaldebatte und Neuwahl eines Stadtvorstands angeführt. Zur Begründung des Begehrens wird vorgetragen, dass bei einem Rücktritt von insgesamt 5 Mitgliedern des Stadtvorstands in den letzten Wochen eine Fortsetzung der Arbeit des bisherigen Stadtvorstands als das politische Führungsorgan ohne eine Grundsatzdebatte nicht mehr möglich sei. Hieraus wird unmissverständlich deutlich, worum es der Minderheit ging, bzw. worüber die außerordentliche Tagung beschließen sollte. Einer gegliederten Tagesordnung bedurfte es im Rahmen und zum Zeitpunkt der Antragstellung somit ebenso wenig wie eines Sachantrags. Zudem war es der das Verlangen stellenden Delegiertenminderheit nicht zuzumuten, einen Finanzierungsplan vorzulegen. Hier steht nicht die Kostendeckung eines bestimmten Projektes - wie etwa häufig von Bürgerbegehren intendiert - zur Disposition, vielmehr handelt es sich lediglich um Organisations- und Betriebskosten für Einberufung und Durchführung der begehrten Versammlung. Die Antragsteller und Berufungsgegner wenden hier zu Recht ein, als einfache Mitglieder mit dem Haushalt des Stadtverbands nicht vertraut zu sein. Die Planung und Bereitstellung der erforderlichen Mittel ist vielmehr eine der ureigensten Aufgaben der zuständigen Verwaltung - hier des Stadtvorstandes.

Bei Feststellung des Vorliegens der drei satzungsrechtlich bzw. gesetzlich geforderten formellen Voraussetzungen, namentlich der Angabe einer Begründung, eines Zwecks und der Mindestzahl gültiger Unterschriften, hat der Vorstand binnen der satzungsrechtlich vorgegebenen Frist von vier Wochen die außerordentliche Tagung einzuberufen. Dies ist eine satzungsrechtliche Verpflichtung, die keinen eigenen Entscheidungsspielraum, insbesondere keine eigene sachliche Prüfung der Notwendigkeit der begehrten Versammlung durch den Vorstand zulässt (Palandt/Heinrichs/Ellenberger, a.a.O., Rn. 3). Eine Versammlung ließe sich somit auch gegen den Willen des Vorstands erzwingen. Um dem gesetzlich garantierten Minderheitenschutz keinen Abbruch zu tun, muss der Minderheit sogar das Recht zustehen, der Versammlung selbst ein objektiv unbegründetes Anliegen zu unterbreiten. Der gesetzliche Minderheitenschutz findet nur dort seine Grenzen, wo er einem offensichtlichen Rechtsmissbrauch dienen soll, etwa wenn bereits zurückgewiesene Anträge behandelt werden oder Anliegen verfolgt werden sollen, die den programmatischen Eckpunkten der Partei evident zuwiderlaufen (ähnl. Palandt/Heinrichs/Ellenberger, a.a.O. m.w.N.). Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch liegen hier nicht vor.

Schließlich ist den Antragstellern und Berufungsgegnern ebenso wie der LSK in der Auffassung zu folgen, wonach, sobald die Unterschriftenlisten eingereicht bzw. übergeben worden sind, unverzüglich das Begehren auf seine rechtliche Zulässigkeit nach den oben gestellten Kriterien hin geprüft werden muss. Nachträgliche Streichungen oder Ergänzungen der Listen änderten den Erklärungswert dieser Urkunden und wären somit irrelevant. Zu etwaig erfolgten Anfechtungen im Sinne der §§ 119 ff. BGB wegen Irrtums, Täuschung oder Drohung wurde nichts vorgetragen. Diese bedürfen gem. § 143 BGB im Übrigen einer entsprechenden Erklärung, aus der zumindest erkennbar wird, auf welchen tatsächlichen Grund die Anfechtung gestützt wird. Die nach Übergabe und damit nicht mehr unmittelbar im Anschluss an die Unterzeichnung erfolgten Streichungen - in einigen Fällen mit, in anderen ohne Änderungsdatum und/oder Kürzel bzw. Unterschrift sowie dem Vermerk "zurückgezogen" - vermögen diesen Anforderungen jedenfalls nicht gerecht zu werden. Doch kommt es hierauf nicht an, da allein und unmittelbar die vorgelegten Listen zum Zeitpunkt der Übergabe an den Stadtvorstand die maßgebende Prüfungsgrundlage nach den oben dargestellten Kriterien sein dürfen. Denn würde man spätere Rücknahmen von Unterschriften zulasse, müsste den Initiatoren dann auch die Möglichkeit gegeben werden, diese Lücken durch Beibringung neuer Unterschriften wieder zu füllen. Dies hätte im äußersten Falle eine Spirale ohne Ende zur Folge und der Zweck der Dringlichkeit, den das Verlangen nach einer außerordentlichen Tagung impliziert, würde ad absurdum geführt. Daher verlangt die Rechtssicherheit als Prüfungsgrundlage einen einzigen maßgebenden Zeitpunkt, namentlich den der Übergabe des Begehrens.

Abschließend ist zu konstatieren, dass selbst der Antragsgegner und Berufungsführer innerhalb seiner Begründungsschrift zu erkennen gibt, dass er mit seinen zu strengen Forderungen an ein Verlangen wie das streitgegenständliche die Hürden weit über den gesetzlichen und satzungsrechtlichen Bestimmungen aufgestellt hat. Soweit er nun u.a. entschieden haben möchte, dass zumindest Themen und Gründe für eine außerordentliche Tagung vorgeschlagen werden müssen, war dem Antragsgegner und Berufungsführer nach dem Vorstehenden durchaus Recht zu geben. Soweit er jedoch meint, aus diesem Grunde mit seiner Berufung erfolgreich sein zu können, geht dies fehl, da die Antragsteller und Berufungsgegner Gründe und Zweck mit ihrem Begehren verbanden und auch keine Feststellung begehrten, die deren Erfordernis negieren soll.

Nach allem waren die von den Antragstellern begehrten und von der LSK bestätigten Feststellungen begründet und konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

Die Entscheidung erging einstimmig. Das Schiedsverfahren ist damit abgeschlossen.


f.d.R.: Maritta Böttcher