WAK.2008-09-25
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- Parlamentarisches und Außerparlamentarisches im Wirken der Linken
- Vortrag und Diskussion mit Prof. Peter Porsch, MdL, Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag
- Moderation: Dr. Hans-Gert Gräbe, WAK Leipzig
- Veranstaltung von WAK-Leipzig und dem Rohrbacher Kreis in der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen
- 25. September 2008, 18:00 Uhr, Harkortstraße 10
Ankündigung
Die Prämissen, Möglichkeiten und Grenzen linken parlamentarischen Wirkens standen schon mehrfach auf der Agenda von Veranstaltungen bei WAK Leipzig und dem Rohrbacher Kreis, so das "strategische Dreieck" mit Prof. Wolfgang Methling, Fraktionsvorsitzender der Linken im Landtag vom MV und langjähriger Minister, am 14.12.2007 in Leipzig und Fragen einer "innovativen Linken" mit Heiko Hilker, ebenfalls langjährig für die Linke im sächsischen Landtag, am 28.04.2008 in Dahlen.
Ausgangspunkt der aktuellen Einladung war ein Interview mit Peter Porsch, das am 30. Mai 2008 in der "Freien Presse" erschien und bereits damals einige Diskussionen hervorgerufen hat, etwa auf der Liste 'leipziger-linke'. Das Thema stand auch auf der Agenda eines landesweiten Initiativtreffens sächsischer Linker am 14.06. in Leipzig, wo unter der Überschrift "Wie kritisch ist eine Regierungsbeteiligung der Partei DIE LINKE in Sachsen zu sehen?" diskutiert wurde, dazu einen Mitgliederentscheid herbeizuführen.
Das Leipziger Pflaster ist für eine Diskussion der Verhältnisses von Parlamentarischem und Außerparlamentarischem auch aus einem anderen Grund besonders "heiß", hat hier doch eine breite Bürgerinitiative im Januar 2008 - für zunächst drei Jahre - den parlamentarisch bereits durchgewunkenen "Ausverkauf der Stadt" (so der zentrale Slogan des APRIL-Netzwerks) verhindert. So hoch die Leipziger Linke diesen Sieg zu schätzen weiß, so problematisch ist ihr Umgang mit den Siegern, wie sich im "Plakatestreit" und dem Fehlen auf dem bundesweiten Vernetzungstreffen von Bürgerinitiativen Anfang Mai in Leipzig manifestiert.
Stoff genug für eine anregende und vielleicht gelegentlich auch hitzige Debatte ...
Hans-Gert Gräbe, 29.07.2008
Links zum Thema:
- Interview mit Peter Porsch in der Freien Fresse: http://groups.google.de/group/leipziger-linke/browse_thread/thread/f5d26478d8de3d3c
- Google-Liste 'leipziger-linke': http://groups.google.de/group/leipziger-linke
- Weitere Veranstaltungen des Rohrbacher Kreises: http://coforum.de/?4339
- APRIL-Netzwerk: http://www.april-netzwerk.de
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Bericht
In einem historischen Rückblick stellte Peter Porsch zunächst die Erfahrungen gerade der 68er mit parlamentarischen und außerparlamentarischen Aktionsformen dar. Die Erfahrungen der Außerparlamentarischen Opposition APO in Zeiten der großen Koalition Mitte und Ende der 60er Jahre markieren den Beginn einer neuen Qualität der Intensität außerparlamentarischen politischen Wirkens. Dazu gehört der Aufschwung des Wirken in Bürgerinitiativen, bei Unterschriftensammlungen und Demos - heute weitgehend Alltag. Die Möglichkeiten gehen allerdings weiter bis hin zur legislativen Gewalt des Außerparlamentarischen, die in den verschiedenen Verfassungen festgehalten ist.
"Die entscheidenden Debatten waren stets die Geschäftsordnungsdebatten."
Peter Porsch stellte dann die RAF und die Grünen als zwei Pole einer möglichen Entwicklung dar - die einen mit kontraproduktiver Gewalt, die anderen in fast vollständigem Aufgehen im Parlamentarismus und institutionellem Machtgerangel. Die Grünen standen dabei lange im Widerstreit zwischen dem Rotationsprinzip und der Frage der Kompetenz in der parlamentarischen Vertretung. Dabei ist das Parlament eigentlich die Institutionalisierung des Rotationsprinzips, denn es sieht die Abwählbarkeit nach jeder Wahlperiode explizit vor. Aber der Wiedereinstieg in den Beruf ist nach zwei Wahlperioden für viele sehr schwierig.
Die Linke selbst stand lange im Spagat, ob sie sich als Partei oder Bewegung begreifen solle. Dies war insbesondere ein Ost-West-Unterschied, denn im Osten nahm sie sich traditionell als Partei wahr, im Westen eher als Bewegung. Diese Auseinandersetzung ist heute - nach dem Hinzustoßen von Kräften auch im Westen, die auf den Aufbau einer Partei setzen - zugunsten des Verständnisses als Partei entschieden.
Dennoch: Die Dinge sind etwas komplizierter! Jedenfalls für Linke und eine linke Partei.
Als Partei steht DIE LINKE zwischen den Polen des Außerparlamentarischen und der politischen Vertretungskörperschaften oder gar Regierung, die sehr verschiedene Charakteristika haben:
Außerparlamentarisches | Parlamentarisches |
---|---|
Bewegung, freier Zusammenschluss | Institution mit einer Geschäftsordnung |
aktuell und spontan | dauerhaft |
Vielfalt und Bündnis | Einheitlichkeit im Agieren |
Losungen und Sprüche | Programm |
Toleranz und Flexibilität | Disziplin und Kampagnefähigkeit |
Widerstand | Anpassung |
Protest, Spontaneität und Gewalt | Diskurs und Anpassung |
Bedeutung quantitativer Aspekte | Bedeutung qualitativer Aspekte |
geringe materielle Ressourcen | größere materielle Ressourcen |
flache Struktur | hierarchische Struktur |
Eine linke Partei muss zwischen beiden Polen vermittelnd stehen und agieren, eine Scharnierfunktion wahrnehmen und sich in beides (Institution und Zusammenschluss) aufheben. Sie muss insbesondere den Austausch personeller Ressourcen zwischen beiden Polen organisieren.
Insgesamt viele Soll-Sätze. Die Frage nach einer Analyse des Status quo, wie weit die Leipziger oder die sächsische LINKE diesen Ansprüchen genügt, blieb weitgehend ausgespart. Allerdings war dies auch nicht unbedingt Thema des Abends, wenn man den Titel eng auslegt. Das Spannungsfeld, in welchem sich Linke und DIE LINKE heute befinden, wurde allemal deutlich und lag an diesem Abend zum Grefien in der Luft.
Hans-Gert Gräbe, 7.10.2008