LVV.2012-01-25
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Positionspapier des Konzernbetriebsrates LVV und der ArbeitnehmervertreterInnen in den Aufsichtsräten der kommunalen Unternehmen LVV, KWL, LVB und SW Leipzig
23. Januar 2012
Wir haben uns intensiv mit der Beschlussvorlage, ihrer Begründung und ihren nichtöffentlichen Anhängen auseinander gesetzt. Wir konnten feststellen, dass besonders die Darstellung der Finanzbeziehungen zwischen Stadt und LVV sehr ausführlich ist und, aus unserer Sicht, erstmalig so komplex erfolgte. Diese umfassenden Darstellungen entheben uns nicht unserer Verantwortung als Arbeitnehmervertreter in Betriebsräten und Aufsichtsräten, zu dieser Vorlage umfassend Stellung zu beziehen.
Bereits seit 2005 wird von einer strategischen Neuausrichtung der LVV gesprochen. Dieser Prozess hat in den letzten Jahren deutlich Fahrt aufgenommen. Dabei wird seit Jahren verkannt, dass die vorgelegten „strategischen Ziele“ keine Strategie darstellen, sondern ausschließlich Instrumente auflisten, die dem Eigentümerinteresse Rechnung tragen.
Es wird an dieser Stelle von uns nicht bestritten, dass die Eigentümerin Stadt Leipzig berechtigt ist, Interessen zu haben und diese als Erwartungen an „ihre“ Unternehmen formulieren darf. (Hierzu verweisen wir ausdrücklich auf die Erklärung der Arbeitnehmervertreter/innen zum Papier „Wege der strategischen Ausrichtung der LVV Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH“ vom 29.09.2008 in der Anlage)
Die beschlossene Weiterentwicklung der LVV zu einer Managementholding dient keinem Zweck an sich. Diese Strukturveränderung hat eine veränderte Form zum Ziel, von der die Eigentümerin meint, dass über diese Form der Führung die vollständige Finanzierung des ÖPNV und die Bedienung des sog. Konsortialdarlehens sowie des Gesellschafterdarlehens zukünftig besser sichergestellt sind.
Eine tatsächliche Strategie der LVV, als Holding für die drei Unternehmen KWL, LVB und SW Leipzig, abgestimmt mit den drei Unternehmen (im LVV-Papier von 2008 als „einheitliche Unternehmensphilosophie“ bezeichnet), fehlt bis zum heutigen Tag. Sie ist aber Voraussetzung, um aufzuzeigen, wie die LVV mit ihren Töchtern jetzt und auch in der Zukunft in der Lage sein wird, die anspruchsvollen Gewinnerwartungen der Eigentümerin Stadt Leipzig zu erfüllen. Genau dies lässt die Vorlage vermissen. Sie zeigt nur Instrumente auf, wie jetzt und in Zukunft die Eigentümerinteressen durchgesetzt werden.
Die Vorlage hebt nicht auf strategische Kriterien ab, sondern einzig und allein auf die Erfüllung der Verpflichtungen durch die LVV und ihre Tochterunternehmen gegenüber ihrer Eigentümerin. Sie offeriert den Unternehmen aber nicht die unternehmerischen Freiheiten, dies auch tun zu können. Dabei läuft diese Form der Führung durch den Eigentümer auf einen Wertverzehr im Unternehmen LVV hinaus. Die Probleme, die zu lösen der OBM und der Stadtrat jetzt angetreten sind, werden durch diese Beschlussvorlage nicht aufgehoben, sondern verstärkt.
Für eine echte strategische Neuausrichtung des LVV-Konzerns fordern wir:
1. Befreiung der LVV von nicht durch sie verursachten Belastungen
- Wir wollen jetzt eine Lösung für die die LVV belastenden Darlehen. Das heißt Wandlung des Gesellschafterdarlehens in Eigenkapital und Übernahme des sog. Konsortialdarlehens durch die Stadt Leipzig.
2. Die Stadt nimmt ein strategisches Konzept der LVV und ihrer Unternehmen lediglich zur Kenntnis
- Die LVV erstellt gemeinsam mit den Tochterunternehmen eine Konzernstrategie. Eine Strategie, die die LVV und ihre Unternehmen als „erweiterten Haushalt“ der Stadt betrachtet, ist keine zukunftsträchtige Strategie.
3. Keine Eingriffe der Stadt Leipzig in das operative Geschäft der LVV und ihrer Tochterunternehmen
- Es ist das Recht der Stadt Leipzig, in den „Eigentümergeprägten Oberzielen“ Erwartungen an ihre Unternehmen zu formulieren. Die Umsetzung dieser Ziele fällt allerdings in die Verantwortung der einzelnen Unternehmen und ihrer Gremien. Dazu gehört auch, dass die Unternehmen selbst entscheiden, wie ihr zukünftiges „Organisationsmodell“ aussieht.
4. Anteilsverkäufe sind zu unterlassen
- Ohne eine zukunftsträchtige Strategie, die auf einem gesunden Wachstum der LVV und ihrer Unternehmen basiert, stellen derzeit Anteilsverkäufe höchstens einen kurzfristigen Entlastungseffekt dar und laufen auf einen Wertverzehr der LVV hinaus.
Daher lehnen wir folgende Punkte in der Beschlussvorlage für den Stadtrat ab:
- die Vorgabe einer ergebnisrelevanten Kosteneinsparung
- den Evaluierungsbericht als Orientierungsrahmen
- die Vorgabe eines Organisationsmodells für die LVV
- den Auftrag an den OBM, nicht erwartungsgerechte Wirtschaftspläne abzulehnen
- den vorgeschlagenen Anteilsverkauf von HL komm und perdata
- die Verpflichtung der LVV auf Finanzierung des Konsortialdarlehens und des Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrages ab 2013
Schlussfolgernd daraus muss die Ratsvorlage verändert werden, damit für die LVV und ihre Tochterunternehmen eine echte Perspektive geschaffen werden kann, und damit, im Interesse der Eigentümerin Stadt Leipzig, die nachhaltige Erfüllung ihrer Erwartungen an die Unternehmen sicher gestellt werden kann.
Wir nehmen die Ratsvorlage als erste Überlegungen der Eigentümerin zur Kenntnis, sehen allerdings grundsätzlichen Veränderungs- und Handlungsbedarf.
Anlage
Erklärung der Arbeitnehmervertreter/innen zum Papier „Wege der strategischen Ausrichtung der LVV Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH“ vom 29.09.2008
Die Arbeitnehmervertreter/innen nehmen das vorgelegte Papier: „Wege zur strategischen Ausrichtung der LVV Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH“ als notwendige Bestandsaufnahme der Situation der LVV GmbH und ihrer Tochterunternehmen“ zur Kenntnis und möchten dazu folgende erste Erklärung abgeben:
Für das vorgelegte Konzept wäre es von Vorteil, wenn es durch die Stadt klare Vorgaben dazu geben würde, ob sie ihre kommunalen Unternehmen unternehmerisch handelnd sieht oder – überspitzt – als die bloße Verwaltung kommunalen Eigentums betrachtet. Insofern fehlen klare Aussagen, welches Investitionsvermögen den Unternehmen zur Verfügung steht und auf welchen Wegen sie die anspruchsvollen Gewinnerwartungen des Gesellschafters zukünftig erfüllen sollen.
Die zukünftige Entwicklung der Unternehmen darf nicht einerseits durch Einsparungen und eine restriktive Auslegung von Handlungsspielräumen und andererseits durch ständig neue finanzielle Forderungen des Gesellschafters Stadt geprägt sein, will man nicht riskieren, die Unternehmen zukünftig substanziell auszubluten. Dabei darf die „Geschichte“ des Gesellschafterdarlehens ebenso wenig in Vergessenheit geraten wie die Tatsache, dass die Stadt von dem Verkauf der 40 Prozent Anteile an den Stadtwerken Leipzig allein profitiert hat, der Rückkauf aber die Holding und damit alle Tochterunternehmen stark belastet. Unklar bleibt ebenfalls, wie die Betätigung auf dem Markt, um die geforderten Erträge zu generieren, in Einklang mit dem Bedürfnis der Ratsversammlung nach Transparenz und angemessenen Kontrolle gebracht wird.
Die Erwartung der Stadt, dass (qualifizierte) Arbeitsplätze durch die kommunalen Unternehmen geschaffen und gehalten werden, unterstützen die Arbeitnehmervertreter/innen voll und ganz. Dazu zählen aber auch die Arbeitsplätze in den Unternehmen der LVV.
Wir sind bereit, den Prozess der strategischen Neuausrichtung der LVV aktiv mit zu gestalten.
Eine Voraussetzung dafür ist, dass tarifliche und soziale Rahmenbedingungen sowie Mitbestimmungsrechte für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu den schützenswerten Standards in den Unternehmen – nicht zuletzt auch bei der LVV GmbH selbst - gehören.
Die Arbeitnehmervertreter/innen Im LVV- Aufsichtsrat
Leipzig, 29. September 2008