Attac.DenkTankStelle.2022-05-09
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DenkTankStelle von Attac-Leipzig
- Thema: Wertebasierte Politik
- Ort und Zeit: Montag, 9. Mai 2022, 19 Uhr im Restaurant MIO, Beethovenstraße 21
Ankündigung
Zur Zeit begegnet uns dieser Begriff bei vielen Gelegenheiten. Besonders wenn es darum geht, Milliarden für Rüstung locher zu machen und einer Eskalation des Russisch-Ukrainischen Krieges das Wort zu reden. Aber was ist das eigentlich? Mogelpackung? Notwendige Leitlinie jeder Demokratie? Grundlage für politische Entscheidungen?
Johannes, 23.04.2022
Vorabdebatte
Für die „wertebasierte Politik“ empfehle ich nochmals
- Spiegel Gastbeitrag von Hans-Jörg Sigwart „Moral und Krieg – Gut gemeint in die Katastrophe“
- Berliner Zeitung: Ukraine-Krieg. Offener Brief fordert von Scholz Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine
- Scholzinterview zur Ukraine im jüngsten Spiegel
Wolfgang, 24.04.2022
„Wertebasierte Politik“??
Ja selbstverständlich! Ist nicht auch Alltagsverhalten, ob überwiegend emotional oder rational bestimmt, stets „wertebasiert“? Worauf ist es denn in der Regel gerichtet, wenn nicht auf Verhaltensziele, die den Menschen als positiv bedeutsam, bzw. „wertvoll“ erscheinen? Leider ergibt sich daraus - wie bekannt - keine allgemeine, widerspruchsfreie Gemeinsamkeit, kein allgemeines Zusammenwirken zum gemeinsamen Wohlergehen. Und warum nicht? Weil die Interessen auch im Alltag u.U. abweichend bis gegensätzlich sind. Das empfindet jedes Schulkind, wenn es nur registriert, dass andere gerade seine Lieblingsmusik für blöd halten oder freundschaftliches Empfinden unerwidert bleibt, weil das des anderen auf andere Personen gerichtet ist.
Aber Verhalten im Bereich der Politik?? Da ist es „strukturell“ nicht viel anders. Politische Bestrebungen sind wohl - sehr abstrakt ausgedrückt - stets auf (als Wert empfundene) „Macht“ bzw. durch diese erreichbare Ziele ausgerichtet. In der politischen Lebensrealität geht es um sehr differenzierte Zustände, die als positiv bedeutsam bzw. wünschenswert angesehen werden, als „Werte“ , für die sich politisches Engagement lohnt und die das Handeln entsprechend orientieren.
Dabei können die Akteure sich u.U. täuschen. Aber zunächst darf man davon ausgehen, dass es durch im weitesten Sinne unterschiedliche soziale Lage bedingte Interessen sind, die sich in politischen Wertvorstellungen ausdrücken. Ob man dabei heute zuerst an die „Schere zwischen Reichen und Prekariat“ innerhalb eines Landes oder aber etwa innerhalb der UNO-Staaten denkt oder an ganz andere umstrittenen ökonomisch-soziale Gegebenheiten – es ergibt sich das ähnliche Bild: Was als positiv bedeutsam oder Wert empfunden (diesmal politisches) Handeln bestimmt, ist u.U. höchst unterschiedlich bis gegensätzlich und antagonistisch“.
Die Formel von wertebasierter Politik stellt sich damit als Leerformel heraus, als nichtssagend. Es geht immer darum, welche Zustände von wem für wertvoll gehalten und in der politischen Auseinandersetzung angestrebt werden. Man mag es am Vergleich von Putin und Biden (bzw. der US- und RU-Administration) überprüfen oder bei beliebig anderen, die unterschiedliche politische Ziele verfolgen.
Nun wird in der politischen Debatte allerdings von „wertebasierter Politik“ häufig in anderem Sinne gesprochen. Dann wird die eigene Politik als wertebasiert bezeichnet und dies für andere, v.a. gegnerische bestritten. Ist oben einfach „beschrieben“, was der Begriff im allgemeinsten Sinne auszudrücken vermag, so wird er in der Debatte „wertend“ benutzt.
Die „wertebasierte Politik“ betreiben, sind laut Mainstream die Guten und die anderen die Bösen. Hier werden als „Werte“ v.a. ideale Vorstellung von politischen Bestrebungen zugrunde gelegt, wie Verwirklichung der „allgemeinen Menschenrechte“, des Völkerrechts, der Freiheit und Sicherheit, einer Friedensordnung u.a.m. Wer wollte sich gegen derartige Ziele wenden? Sie gelten (zumindest in unserem Kulturkreis) als Ausdruck allgemeinster Wünsche und Interessen.
Gelingt es in der Debatte, eigene Politik damit zu etikettieren, kann dies folglich breite Zustimmung erwarten lassen. Das scheint besonders dringlich etwa für eine bestimmte Politik, die in den letzten 20 Jahren in fremden Landen zu Bergen von Menschenopfern, Zerstörung und Elend geführt hat. Als legitimierende Werte wurden bekanntlich Freiheit und Demokratie, Niederschlagen des Terrorismus, Frauenrechte usw. benutzt. -
Vielleicht sind das zustimmungsfähige Einstiegspositionen bei der Beantwortung der Ausgangsfrage?
Allerdings enthält diese – aus meiner Sicht – viele weitere, die v.a. hinsichtlich einer als humanistisch, fortschrittlich, menschheitlich bzw. gemeinwohlorientiert u.ä. angestrebten Politik zu bedenken wären. Sie betreffen etwa
- das Verhältnis von entsprechenden politischen Zielen und für diese (ohne Zerstörung der Zielstellung) einzusetzende Mittel
- den Grad zulässiger Risiken bei politischen Entscheidungen
- die Bedeutung von Wertrelationen zwischen u.U. konkurrierenden politischen Werten und Bestrebungen
- die Möglichkeiten und Folgen von (Selbst-) Täuschungen hinsichtlich einer positiven Bedeutsamkeit politischen Vorgehens
und weitere.
Solche allgemeinen Fragen treten als konkrete stets in konkreter Situation auf. Gibt es auf sie keine durchdachten und zumindest in den betreffenden Eliten akzeptierte Antworten, führt das unweigerlich zu Zerwürfnissen und Schwächung des „wertebasierten“ Handelns.
Es scheint so, dass dies hinsichtlich „linker Stellungnahmen“ zur Migrations- oder Klimapolitik, zur Bündnispolitik oder Beteiligung an Regierungspolitik u.a.m. wie auch zum Ukrainekrieg immer wieder sichtbar ist.
Wolfgang, 27.04.2022
"In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt." (Egon Bahr)
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Hans-Gert, 29.04.2022