Attac.DenkTankStelle.2019-09-09
Home Hauptseite / Attac / Attac.DenkTankStelle
DenkTankStelle von Attac-Leipzig
- Thema: Wege zu Wahrheiten 2
- Ort und Zeit: Montag, 09. September 2019, 19 Uhr im Restaurant MIO, Beethovenstraße 21
Ankündigung
“Wege zu Wahrheiten 2” heißt das Thema, eine Fortsetzung unserer letzten Diskussion. Mit einiger Sicherheit kann davon ausgegangen werden, dass die Wahlen ein Thema sein werden. Auch deshalb, weil es in den letzten Wochen Kritik am Konzept der DTS gab. Zu “abgehoben” wären die Themen, zu wenig würde das diskutiert, was aktuell unter den Nägeln brennt. Es wird also auch um unsere DTS selbst gehen. Ich gehe davon aus, dass die Beiträge im Vorfeld zur Kenntnis genommen wurden.
Johannes, 06.09.2019
Vorabdebatte
Fortsetzung der bisherigen Diskussion
... Ich denke, das genügt, um zu zeigen, dass es genug Baustellen gibt, wo es brennt. Von daher erscheint es mir nicht zeitgemäß, auf gar zu theoretischen Pfaden zu wandeln.
Jürgen, 02.09.2019
Da möchte ich Jürgen beipflichten: Gerade jetzt halte ich die vorgeschlagenene Erörterung zur Wissenssoziologie keinesfalls für aktuell, sondern für extrem "abgehoben", ja weltfremd.
Johannes G., 02.09.2019
... meldete sich hgg mit einem Hinweis auf einen Wikipedia-Beitrag über Wissenschaftssoziologie aus dem Jahre 1966! Ich verstehe das so, dass er vorschlägt, unser letztes Thema uns noch einmal vertiefend am 9. September vorzunehmen. Auch ich halte das Problem für hochaktuell und wichtig, gerade jetzt, wo über die Ergebnisse der Wahlen lamentiert wird, oder auch Unverständnis darüber herrscht, dass irrationelle Argumente immer stärker an Einfluss in der Politik und im Alltag gewinnen.
Johannes, 03.09.2019
Lieber Jürgen, lieber Johannes G.,
die Diskussion, die jetzt aufkommt, ist so alt wie die DTS selbst. Als wir 2006 das erste Mal in der Moritzbastei zusammenkamen, hieß das Thema: „Was braucht der Mensch?“. Damals und über die dreizehn Jahre bis heute hinweg, haben wir uns immer wieder gefragt, weshalb wir zusammenkommen, welches Bedürfnis wir damit befriedigen wollen, ob es nicht besser wäre, anders ranzugehen. Wir haben es zusammengefasst in den Sätzen, die jeder Einladung beigefügt sind.
Wir kommen alle vier Wochen zwei Stunden zusammen, um uns gegenseitig über aktuelle oder auch nur interessierende Probleme mit den Mitteln der Philosophie auszutauschen. Dabei haben wir uns nie dem Konkreten verweigert, wissen wir doch, es ist die Praxis, an der sich die Theorie zu messen hat. Man kann das von der einen Seite her als „abgehoben“ ansehen, dafür muss man von den anderen den Vorwurf der Trivialisierung aushalten. Für echte Philosophen sind wir doch nur spielende Kinder im Sandkasten, die ab und zu mal ihre Schaufelchen kreuzen. Dafür sind wir für die „Mit den beiden Füßen auf der Erde“ abgehobene Traumtänzer. Sei’s drum.
Kreuzen wir die Schaufelchen: Mir ist es unerklärlich, dass nicht erkannt wird, welche Aktualität das Thema „Wege zu Wahrheiten“ und welche Bedeutung es für konkrete Entscheidungen hat. Die Welt ist im Umbruch. Der Überfluss an Erklärungen und Lösungsangeboten verwirrt. Was ist falsch, was richtig? Was ist „Falsch“ überhaupt und was „Richtig“? Bleiben wir bei den Wissenschaften und ihren Möglichkeiten bei der Lösung von Problemen oder laufen wir den Gurus hinterher, lassen uns den Sinn der Erscheinungen deuten? Viel wird in der letzten Zeit von den Demütigungen der Ostdeutschen durch Hintanstellung in vielen Bereichen geschrieben. Die Ursache des Rechtsrucks gar wird darin ausgemacht. Mich macht diese Sicht von oben herab, quasi der mitleidige Blick eines breitbeinigen Fettsackes zu einem Behinderten im Rollstuhl, wütend. „Verpisst Euch!“ möchte ich denen zurufen. „Lasst uns unseren Kram selbst erledigen!“ Und schon sind wir bei Freud, Maatz und all den Psychoklempnern, die meinen Zorn – zutreffend oder auch nicht – erklären. Was wissen wir? Was können wir wissen? Was sollten wir wissen? Wie erwerben wir Wissen? Was ist eigentlich Wissen? Diese Fragen der Wissenssoziologie sind nicht abgehoben, sondern m.E. dringlich zu beantworten, soll auf alle anderen Fragen Antworten gefunden werden. Orwells „1984“ und seine Umdeutung der Werte als Machtinstrument sind aktueller als je zuvor. Das unserer Generation (mit mehr oder weniger Erfolg) anerzogene dialektische Denken ist ein hoher Wert, den es zu verteidigen gilt. Die aktuellen Probleme mit der marxschen Dialektik betrachtet lässt uns die Dinge anders sehen, als wenn wir sie mit einfachen Ursache-Wirkung-Prinzipien versuchen. Habermas' Diskurstheorie ist angewandte Dialektik. Vielleicht sollten wir die Dialektik wieder einmal aufs Podest und ins Programm heben? Ich bin dafür. Aus praktischen Gründen!
Mir, vielleicht auch anderen - sonst würden sie nicht immer wieder kommen – tun die zwei Stunden gut. Als wir die Gruppe gründeten, hatten wir genau Bedarf an dem, was da praktiziert wird: „Die DenkTankStellen (DTS) von Attac-Leipzig sind offene und öffentliche Diskussionen und Reflexionsversuche über aktuelle politische und philosophisch/kulturelle Probleme. (…) Dabei geht es nicht um Wissenszuwachs durch Vorträge u.ä., sondern um Denken und Diskutieren vom Anfang an. Die Teilnehmer sind keine Spezialisten, aber sie bringen eine solide Grundausstattung an Wissen und Bildung mit und haben Freude am Denken, Reden, Zuhören. Die Themen werden von den Teilnehmern von Treffen zu Treffen selbst ausgewählt.“
Sie wird sich ändern, wenn eine Mehrheit das wünscht, und es werden die dazugekommen bzw. wegbleiben, denen das jeweilige Konzept ge- oder missfällt.
„So ist das Lähm!“ sagte in einem solchen Fall mein sächsischer Direktor dazu, wenn er auch nicht mehr weiter wusste.
Liebe Grüße, JoHannes, 03.09.2019
Lieber JoHannes, liebe Diskutanten,
... Der von Hans-Gert vorgeschlagene Text erinnert mich an theologische Vorlesungen, in denen ich vor lauter hochtrabendem wissenschaftlichen Vokabular nicht erfassen konnte, was eigentlich ausgesagt werden sollte. Das habe ich weltfremd und "abgehoben" genannt. Wenn Ihr künftig in diesem Stil debattieren wollt, bekenne ich gern, dass ich da nicht mithalten kann und nicht die Absicht habe, mich dieser Ausdrucksweise anzupassen. ...
Johannes G., 04.09.2019
Lieber Johannes,
danke für die Blumen - "weltfremd". Ich darf aber doch kurz auf den Verlauf der Debatte hinweisen:
1) Jürgen schickt einen Link, in dessen Text ausführlich erläutert wird, wie das Klimathema aus der renommierten Wissenschaft heraus als Ideologem aufgebaut wird.
2) Genau das - die Mechanismen der Ideologemisierung von Ergebnissen der Wissenschaft - ist Gegenstand der Theorie von Berger/Luckmann, auch wenn sie eine solche Charakterisierung selbst sicher strikt von sich weisen würden. Sind aber auch keine Linken. Aus dieser Perspektive spielt "Wahrheit" keine Rolle, sondern "Legitimität". Das Gegenteil von "Legitimität" ist "Häresie" - diese Forschungsansätze bekommen kein Geld. Wird z.B. auch in der Debatte um die "Krise der Physik" von Betroffenen genau beschrieben (Links auf Anfrage).
3) Ihr könnt gerne weiter über "Wege zur Wahrheit" schwätzen und die Untersuchung der praktischen Wirkung von solchen Ideologemisierungen auf Menschen unter den Tisch kehren als "keinesfalls aktuell, sondern extrem abgehoben, ja weltfremd". Die Wahlerfolge der AfD bekommt ihr damit allerdings genauso nicht auf das Radar wie die Erfolge der "Fridays for Future".
Meine ich.
Hans-Gert, 04.09.2019