Attac.DenkTankStelle.2012-12-03
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DenkTankStelle von Attac-Leipzig
- Thema: Menschenbilder
- Ort und Zeit: Mo, 03. Dezember 2012, 19 Uhr ausnahmsweise nicht im Café Grundmann, sondern in der KEL, Nikolaikirchhof
Ankündigung
Es war nicht ganz einfach, den philosophischen Kern aus dem Thema zu schälen und Bezüge zu uns und unserer Zeit zu finden. Ansatzpunkte fand ich bei Wikipedia und bei Google-Bild.
Beste Grüße
Hannes Schroth
selbsternannter aber jederzeit steuer- und absetzbarer Moderator
Vorabdebatte
HGG: Ich fände es spannend, dabei auch über das Menschenbild in der Potsdamer Denkschrift aus dem Einsteinjahr 2005 zu sprechen, etwa über Folgendes:
- Aber wie haben wir diese Freiheit zu verstehen, wenn sie nicht die törichte Freiheit sein soll, das Falsche zu tun? Wie bewahren wir uns und die Welt mit uns vor unserer Willkür, nachdem wir ein Stück weit aus dem Bedingungsgefüge der ‚Ko-evolution’ herausgetreten sind? Eine Antwort heißt zweifellos, dass wir unsere Erkenntnisfähigkeiten nicht nur dazu benutzen, immer mehr machen zu können, sondern immer umfassender und aufmerksamer die sehr vielen Bedingungen der Welt, in die wir mit unserem Machen eingreifen, und die unendlich vielen Wechselbeziehungen zwischen ihnen kennenzulernen. Bisher haben wir aber solches Wissen vor allem dazu benutzt, Machbarkeit noch weiter und vermeintlich ungefährlicher voranzutreiben. Aber es gilt nicht nur, diese Fehler zu erkennen und zu vermeiden.
AS: Gedanken zum Thema „Menschenbilder“
Frage nach dem Menschenbild / der Natur des Menschen = Kernfrage der Anthropologie
Antwort immer abhängig von der jeweils herrschenden Kultur / Ideologie:
- Entwicklungsstand der Gesellschaftswissenschaften
- Stand der Technik und Naturwissenschaft
Darwinsche Evolutionstheorie
- traditionelle Sonderstellung des Menschen radikal in Frage gestellt, es wurde nicht mehr von Mensch und Tier, sondern von Menschen und anderen Tieren gesprochen
- christliche Vorstellungen von der Schöpfung des Menschen und seiner Ebenbildlichkeit Gottes wurden obsolet
Dieser Akt der Aufklärung hatte aber von Anfang an zugleich einen reaktionären Gehalt: unter den Mechanismen von Selektion und Mutation wird Erfolg zum einzigen Qualitätsmerkmal.
- Entstehung der Soziobiologie, die nach dem Nutzen von ethischem Verhalten fragt und Moralvorstellungen dann verwirft, wenn sie diesen Nutzen nicht liefern.
Beispiel:
Verhaltensforscher und Neurobiologen haben die Finanzkrise aus dem Risikoverhalten von Primaten erklärt und sie mit Apfelstückchen tauschenden Makaken im Labor nachgespielt, um diese These zu belegen.
Zwischen Naturgesetzen und ökonomischen Gesetzen werden keine prinzipiellen Unterschiede gemacht, die Vernunft des Menschen wird zum technisch-praktischen Vermögen eines verlängerten Instinktes reduziert.
- Mensch als selbstbewusstes Subjekt seiner Gesellschaft negiert!
Darwinsche Evolutionstheorie als Einfallstor biologistischer Konzepte, menschliches Verhalten und gesellschaftliche Strukturen zu ihrem Gegenstand zu machen. Herrschaftsformen im Kapitalismus werden ideologisch gefestigt, indem sie zu natürlichen Formen des Zusammenlebens erklärt werden.
Weitere Aspekte:
- Stellung des Menschen und seiner Tätigkeiten zur Natur
- Umweltphilosophie/ Umweltethik
- Fortschritte im Bereich der Biotechnologie (Human Enhancement)
- Generelle Verfügbarkeit der menschlichen Natur:
- technische Möglichkeiten der genetischen Manipulation des Menschen
- technische Ersetzbarkeit vieler körperlicher Funktionen des Menschen
Moralischer Status des Menschen wird fragwürdig: Ist der Wert des Menschen intrinsisch zu begreifen, die Natur des Menschen somit substantiell aufzufassen oder ist der Wert des Menschen abhängig vom jeweils technisch Möglichen und damit rein äußerlich zu bestimmen?
Wichtige Frage (nicht nur für die Medizinethik): Welche Rolle spielt die Bestimmung der Natur des Menschen für Entscheidungen in Politik und Gesellschaft?