MINT.2011-03-29
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29.03.2011 - MINT-Botschaftertreffen aus der Region Leipzig und "Runder Tisch Talenteförderung"
- Ort: Inspirata Leipzig, Deutscher Platz 4, Eingang G (3. Etage) - Eingang “Messe-Westtor” in der Durchfahrt neben der Pforte
- Zeit: 18 Uhr (ab 17 Uhr besteht die Möglichkeit, die Inspirata zu besichtigen)
Ziel der Veranstaltung ist die Zusammenführung der verschiedenen regionalen Vernetzungsansätze im MINT-Bereich in einem MINT-Netzwerk Leipzig, welches die Aktivitäten des "Runden Tischs Talenteförderung" fortschreibt und erweitert.
Vorbemerkungen
MINT steht für Mathematik - Informatik - Naturwisenschaften - Technik. Die Bedeutung qualifizierten MINT-Nachwuchses für das Entwicklungspotenzial der Region und darüber hinaus sowie die aktuelle Situation in diesem Bereich muss Interessierten dieser Veranstaltung sicher nicht weiter erläutert werden.
In der Region Leipzig gibt es seit vielen Jahren Aktivitäten, um Nachwuchstalenten im MINT-Bereich attraktive Möglichkeiten zur Entfaltung zu bieten. Mit dem Wissenschaftssommer 2008 sowie der Etablierung der Inspirata hat dieses Netzwerk aus Enthusiasten, akademischen, universitären und schulischen Einrichtungen sowie freien Trägern seine Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt.
Mit der Initiative "MINT - Zukunft schaffen" http://www.mintzukunftschaffen.de rückt das Thema der Gewinnung qualifizierten Nachwuchses im MINT-Bereich auch bundesweit stärker ins Zentrum der Aufmerksamkeit.
Programm
- Begrüßung und Vorstellen der Gäste, Prof. Dr. Hans-Gert Gräbe, Univ. Leipzig
- Die MINT-Initiative und ihre Botschafterinnen und Botschafter.
- Dr. Ellen Walther-Klaus, Geschäftsführerin "MINT Zukunft schaffen", Berlin
- Kurzvorstellung bereits existierender MINT-Projekte in der Region Leipzig (je max. 10 Minuten)
- Inspirata, Technologiezentrum Garage, Leipziger Schülergesellschaft für Mathematik, UFZ-Schülerlabor, MINT Individual
- Anschließend Diskussionsrunde 1 ggf. mit gegenseitiger Vorstellung der Anwesenden, um das Potenzial zu erkennen
- Kurzvorstellung von Vernetzungsinitiativen im MINT-Bereich in der Region (je max. 10 Minuten)
- Runder Tisch Talenteförderung, LJBW Sachsen als regionaler MINT Hub, Lernen vor Ort
- Plenardebatte mit dem Schwerpunkt "Wie weiter in der Vernetzung?"
Weitere Anmerkungen
Im Vorfeld der Veranstaltung haben wir versucht abzuklären, wie einzelne akademische und andere Leipziger Einrichtungen zu einem solchen MINT-Netzwerk stehen bzw. in welcher Weise sie sich an diesem beteiligen wollen und können.
- Aussagen dazu
Bitte beachten Sie auch die Mailingliste mint-leipzig.
Ein paar Gedanken im Nachgang zum ersten Treffen des MINT-Netzwerks Leipzig
Mit etwa 20 Teilnehmern bewegte sich die Resonanz auf die Einladung zu diesem nach langer Zeit ersten Treffen eines "MINT-Netzwerks Leipzig in statu nascendi" am oberen Rand des Erwarteten - jedenfalls waren die Plätze im Workshopraum der Inspirata alle besetzt. Und anzubauen wäre kaum gewesen, was die räumliche Situation dieses im dritten Jahr seiner Existenz stehenden Projekts den Anwesenden hautnah demonstrierte.
Am weitesten angereist waren Frau Walther-Klaus und Herr Ohr aus der Bundesgeschäftsstelle der MINT-Initiative. Im Laufe der Diskussion wurde deutlich, dass damit mehr als die Hälfte der "Personalressourcen" der Geschäftsstelle (2.5 Beschäftige und 1 freier Mitarbeiter) den Weg nach Leipzig gesucht und gefunden hatte, was die Bedeutung lokaler Initiativen wie der unsrigen im bundesweiten Konzept noch einmal unterstreicht.
Die Gründe für die bundesweite MINT-Initiative, die Frau Walther-Klaus eingangs noch einmal ausführte, muss ich hier nicht wiederholen, waren sie doch den Anwesenden weitgehend klar - sonst wären sie ja nicht gekommen. Dennoch war die Debatte kontrovers und zeigte eine Reihe von Sollbruchstellen, mit denen es gilt in Zukunft vorsichtig umzugehen, um die gemeinsame Sache auch gemeinsam voranzubringen. Ich werde mich deshalb im Weiteren auf diese Kontroversen konzentrieren, denn über die Gemeinsamkeiten müssen wir unter uns nicht viele Worte verlieren.
Die erste Kontroverse - zwischen Selbst- und gegenseitiger Wahrnahme von Inspirata und Garage als zwei wichtigen Leipziger Orten außerschulischer MINT-Aktivitäten - kann inzwischen schon als Klassiker bezeichnet werden. Dass die LSGM als dritter Akteur ruhig daneben sitzt, hat vor allem damit zu tun, dass hier das Engagement konsequent auf ehrenamtlichen Schultern ruht, kaum Fördermittel in Anspruch genommen werden und kaum über Personalkosten oder Raummiete nachgedacht werden muss. Damit ist aber auch verbunden, dass der Wirkradius der LSGM nicht über einige Hundert Schülerinnen und Schüler hinausreicht und mit dem jetzigen Umfang von Unterstützung eine natürliche Grenze des Engagements erreicht ist. Die LSGM hat damit in den letzten zehn Jahren einen stabilen Betriebsmodus erreicht, den der Vorstand - so das Selbstverständnis - auch nicht zugunsten waghalsiger Wachstumspläne aufzugeben gedenkt. Für Inspirata und Garage gilt das nicht - der latent prekäre Finanzstatus beider Einrichtungen bedarf der ganzen Aufmerksamkeit eines MINT-Netzwerks Leipzig, da letztlich finanziell gescheiterte temporäre Aktivitäten Dritter wie die Billardakademie, die Kinder-Uni, das Faszinosum, die Kinder-Akademie oder prekär existierende Aktivitäten wie die Leipziger Schülerakademie zeigen, wie schnell hier großes Engagement Einzelner an Grenzen stößt und letztlich gesellschaftlich entwertet wird.
Die zweite Kontroverse entspann sich um den Wert von Erfahrungen der Macher, die außerschulische MINT-Einrichtungen teilweise schon 10 bis 15 Jahre am Leben erhalten, im Lichte der Vorstellungen der Akteure, die das Mantra "MINT ist wichtig" in den Vordergrund stellen. Dieser Spagat zwischen Wünschenswertem (letztere) und Machbarem (erstere) wird uns sicher auch weiter begleiten, da wir uns in einem Feld mit extrem knappen Ressourcen bewegen. Das wurde an diesem Abend (einmal mehr) mehr als deutlich. Die Skepsis der ersteren ist mit Blick auf die über viele Jahre gesammelten Erfahrungen verständlich - dennoch saßen mit den Herren Sitta, Böhme und Person erstmals auch Vertreter der Wirtschaft an unserem Runden Tisch. Ich denke, diese neue Qualität, nicht nur mit einzelnen Einrichtungen über konkrete Unterstützungen zu verhandeln, sondern sich auch in die begleitenden stadt-politischen Prozesse (in einem umfassenden Sinn verstanden) einzubringen, sollte nicht übersehen werden, auch wenn sehr verschiedene Sprachen gesprochen werden und eine gegenseitige Annäherung viel Geduld und guten Willen auf beiden Seiten erfordert.
Die dritte Kontroverse schließlich entspann sich um den Wert von 40-jährigen Erfahrungen, die sich - nur scheinbar - als eine Ost-West-Kontroverse an der DDR-Tradition der "Stationen Junger Naturforscher und Techniker" entzündete und von Herrn Hahn (LJBW) als Sach- und Erbeverwalter dieser Idee - und eines sächsischen Alleinstellungsmerkmals - mit viel Herzblut vorgetragen wurde. In der Leipziger Region gibt es mit dem TÖP Rabutz einen einzigen heute noch existierenden Nachfolger dieser Einrichtungen, und wenn Elk Messerschmidt - Urgestein und engagierter Leiter dieser Einrichtung, Mitglied im LJBW - an dieser Runde teilgenommen hätte, dann wäre die Diskussion noch wesentlich hitziger verlaufen. "Technikbildung von Anfang an" ist sein Herzensthema und aus seinem Herzen macht er auch keine Mördergrube, wenn es darum geht darzustellen, welche Perlen in dieser Frage nach der Wende vor die Säue geworfen wurden. Es hat aber mitnichten etwas mit DDR-Nostalgie zu tun, wenn dies erinnert wird, denn auch unter jener Ordnung musste der Politbürokratie jeder Fußbreit Boden abgerungen werden. Die Vigilianz und Schläue eines Johannes Lehmann - um mal eine Ikone jener Zeit beim Namen zu nennem - in diesen Auseinandersetzungen sind Legende für diejenigen, die sie hören wollen. Ich habe im Jahr 2005 im Vorfeld der Verleihung des Teubnerpreises an die LSGM solche Erfahrungen zusammengetragen und damals noch einige Dresche bekommen ob meiner "DDR-Nostalgie". Zu Unrecht, wie der Nachruf auf Johannes Lehmann aus dem westfälischen Ibbenbüren zeigt. Gerade die Konfliktlinien in den Bemühungen um die Gründung der Schülerakademie im Leipzig des Jahres 1973 (in unserem Heft von Zeitzeugen dargestellt) zeigen viele Parallelen zu den heutigen Auseinandersetzungen um ein "MINT-Netzwerk Leipzig", das im Zuge der Bemühungen um die Etablierung einer Leipziger Zukunftsakademie eine gewichtigere Rolle spielen sollte als ihm von jenen Akteuren heute noch zugedacht ist.
Hans-Gert Gräbe, 30.03.2011