APRIL.2011-01-29

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29.01.2011: 3 Jahre Bürgerentscheid. Diskussionswerkstatt des APRIL-Netzwerks

Unter dem Titel

Wir wollen mit entscheiden! Politik für die Bürger durch direkte Demokratie und Transparenz

lädt das April-Netzwerk interessierte Bürgerinnen und Bürger zu einer Diskussionswerkstatt über die aktuellen Entwicklungen im Bereich des kommunalen Eigentums ein.

Zeit: 11-15 Uhr
Ort: Saal 5. Etage im Volkshaus, Karl-Liebknecht-Straße 30, 04107 Leipzig

Gemeinsame Veranstaltung mit Attac Leipzig, ver.di Nordsachsen und Mehr Demokratie e.V.!

Ankündigung

3 Jahre nach dem erfolgreichen Bürgerentscheid gegen den Anteilsverkauf der Stadtwerke Leipzig meinen wir noch immer:

Wir wollen mit entscheiden! Politik für die Bürger durch direkte Demokratie und Transparenz

Immer stärker erwarten Bürgerinnen und Bürger, dass kommunale Unternehmen auch andere, soziale und ökologische Ziele verfolgen und erreichen. Inwieweit tun sie das schon heute, was können/sollen sie künftig leisten?

Wie können wir die Rolle von Unternehmen wie perdata oder HLKomm in Bezug auf ihre Konzern-„Mütter“, wie auf die Stadt insgesamt bewerten? Was tragen sie zu den ökonomischen Ergebnissen bei, was leisten sie in Bezug auf die lokale Infrastruktur und modernen Medienzugang für alle?

Was unterscheidet sie von anderen Unternehmen ihrer Branche?

Aus anderen Städten berichten

Der Kampf um die Offenlegung der Geheimverträge zwischen dem Berliner Senat und RWE/Veolia beim Teil-Verkauf der Berliner Wasserbetriebe.
  • Vom „Einzelfall“ zur demokratischen Regel? - Klaus-Dieter Schwettscher, ver.di Hamburg, berichtet aus Hamburg
„Die Stadt gehört uns – keine Privatisierung gegen Bürgerwillen“ – unter diesem Motto wurde in Hamburg ein Volksbegehren durchgeführt, um durch einen Volksentscheid einen neuen Artikel in die Landesverfassung aufzunehmen:
Bei Plänen zur Privatisierung von Unternehmen, Betrieben und Einrichtungen, die der Daseinsvorsorge dienen, soll zukünftig zwingend ein Volksentscheid durchgeführt werden.
Die Hamburger Bevölkerung als Souverän soll das Letztentscheidungsrecht über ihr Eigentum behalten.

Anschließend: Diskussion zu den Vorträgen und aktuellen Entwicklungen in Leipzig

Links

Notizen zum Workshop

Einleitung W. Franke

Vortrag Gerlinde Schermer

  • Damaliger (1999) Anteilsverkauf der Wasserbetriebe - die „Ja-Sager-Front“ agierte wie die Lemminge
  • Wenn von „Rekommunalisierung“ gesprochen wird, genau hinschauen- ist das wirklich immer gemeint oder geht es um PPP?
  • Druck „von der Straße“ auf die Politik ist nötig, nicht „einlullen“ lassen
  • Wassertisch hat klein angefangen unter Beteiligung von attac
  • Am Beispiel Wasser kann man Privatisierung gut erläutern
  • 1999 Verkauf 49,9% der BwassBetr an RWE/Veolia über eine Holding
  • Dazu wurde ein Teilprivatisierungsgesetz erlassen – das zusammen mit dem Vertrag unter dem Einfluß der beteiligten Anwaltskanzleien erstellt wurde
  • Verfassungsklage (PDS/Grüne) – erklärt Regelungen zum Effizienzvorteil bzw. die Renditevereinbarung für nichtig. Im Vertrag ist aber festgelegt, dass Berlin den „Schaden“ auf Grund der Nichtigkeit ersetzen muss
  • Mit dieser „Kompensation des Schadens“ - 6% Rendite ist für „Investoren“ gesichert
  • Rot-Rote Regierung hat Verträge fortgeführt (auch geheime Klauseln)
  • In der Tarifkalkulation für Wasserpreis wurde die Abschreibungsmethode geändert, um Preiserhöhungen zu legitimieren (die nach Vertrag bis 2003 ausgeschlossen waren) – Nun Abschreibung nach Wiederbeschaffungszeitwert
  • Gebührenerhöhung ca. 500 Mio EUR
  • Praxis bei SPD und Linken in Berlin: „sie lassen immer was weg“ – und „wer etwas weglässt – lügt !“
  • taz hat z.B. Teile der Verträge zugespielt bekommen (nach erfolgreichen Volksbegehren mit über 300.000 Stimmen), damit sollte Volksentscheid abgewendet werden
  • Verträge sollen 180 Aktenordner umfassen (davon etwa einer veröffentlicht), Nebenabreden sind wesentlich

Volksentscheid kommt am 13.02.2011

  • „Wollt ihr wissen“-Aufklärungskampagne
  • Senat setzt auf die Nichtwähler !
  • 612.000 Ja-Stimmen erforderlich (Quorum 25%)
  • wenn Volksentscheid erfolgreich - „Volksgesetzgeber“ setzt ein Gesetz in Kraft
  • Formel zur Offenlegung: im Gesetz steht „was nicht offengelegt wurde, ist nichtig“
  • §23 im Konsortialvertrag = Umgehung des Verfassungsgerichts
  • Bsp. Veolia hat gegen Filmemacher von „water makes money“ Schadensersatzklage erhoben, in Berlin sind aber 49,9% verkauft (nicht nur befristete Konzession vergeben)

frühestens 2028 kann Berliner Vertrag gekündigt werden

  • dem Gesetz nach, über das abgestimmt werden wird, wäre der Vertrag nichtig
  • Rekommunalisierung des Wassers hat großen Rückhalt bei den Bürgern, ist aber zweiter Schritt wegen Haushaltsproblemen
  • geheime Verträge bzw. Vertragsbestandteile sind charakteristischer Bestandteil von PPP, d. h. Anteilsverkäufe sind nur in Kenntnis dieser Vertragsbestandteile zu bewerten
  • „PPP – Planwirtschaft für Großkonzerne“ - erhöht die öffentlichen Schulden langfristig
  • „Geheimhaltung gehört zum Konzept“
  • „99 Luftballons“ - bei der Wasserprivatisierung werden 99 Mio DM Schmiergelder oder Honorare geschätzt (= 3% vom Verkaufswert 3,3 Mrd DM) - „kick back“-Zahlungen;
  • Ausführungen zum Beispiel Schwarze Pumpe – Berliner Wasserbetriebe
  • Privatisierungen im Bildungsbereich könnte nächstes Feld werden

Vortrag Klaus-Dieter Schwettscher

  • HEW wurden verkauft an Vattenfall
  • E.on Hanse Gasmonopolist nach Verkauf der Gassparte

Krankenhausprivatisierung

  • 2002 Privatisierung Landesbetrieb Krankenhäuser mit operativ schwarzen Zahlen
  • Pensionsansprüche mussten getragen werden, damit rote Zahlen
  • 75% Zustimmung zu Volksentscheid gegen Verkauf der Krankenhäuser
  • Ole v. Beust: „schert mich'n Piependeckel“, Volksentscheid war nicht binden (Verfassungsgericht)
  • 360 Mio EUR Verkaufspreis war geplant
  • Klausel: Wenn die KH keinen Profit machen, muß Asklepios nicht vollen Kaufpreis zahlen. Die Bilanz (hier git es Gestaltungsspielräume) wurde so erstellt, dass kein Gewinn entsteht – Damit konnte die Stadt nur 60 Mio EUR erlösen

Volksbegehren „Keine Privatisierung gegen den Bürgerwillen!“ 02.-23.05.2011

  • Mit Unterstützung von Mehr Demokratie wurde Bündnis mit 30 Organisationen gegründet
  • Volksentscheide sollten eine höhere Verbindlichkeit erhalten
  • „Rettet den Volksentscheid“, „Hamburg stärkt den Volksentscheid“
  • CDU hat das Volksabstimmungsgesetz geändert (in Zus.arbeit mit dem Bündnis)
  • anwendungsfreundlichstes Gesetz in der BRD
  • Verbindlichkeit sollte damit vermieden werden
  • GAL (Grüne) hat in Koalitionsverhandlungen auf Verbindlichkeit von Volksentscheiden gedrungen
  • Verfassungsänderung mit dem Bündnis zusammen (unbegrenzte Bindefrist wäre nicht verfassungsgemäß)
  • Konzept: 30.000 Unterschriften nötig für Volksbegehren (niedigeres Quorum), dann muss ein Privatisierungsgesetz durch Volksabstimmung bestätigt werden
  • Volksbegehren/Bürgerbegehren sind riesige Bildungsveranstaltungen mit emanzipatorischer Wirkung, stärkt das Selbstbewusstsein der Menschen (wurde damals von der CDU unterschätzt)
  • Volksbegehren, das jetzt läuft, besagt, dass der Senat öffentliche Unternehmen nicht verkaufen darf, ohne dass ein zustimmender Volksentscheid erfolgt
  • für Begründung wurden 20 „Leuchttürme“ ausgewählt (Wohnen, Versorgung, Kultur etc.)
  • Unternehmen, die dem Gemeinwohl ... dienen oder wesentliche Beiträge zur ... Infrastruktur leisten – bei unterschiedlichen Auffassungen muss das ggf. vor Gericht ausgestritten werden
  • zur Zeit: Volksinitiative – muss angehört werden vom zuständigen Parlamentsausschuss
  • Demokratie muss jeden Tag neu gelebt und neu erstritten werden
  • aus dem Beschlusstext für den Volksentscheid :
Eine Veräußerung von öffentlichen Unternehmen und Konzernen der Freien und Hansestadt Hamburg, die dem Gemeinwohl dadurch dienen, dass sie Verkehrsleistungen oder Versorgungs- und Entsorgungsleistungen für die Allgemeinheit erbringen oder wesentliche Beiträge zur wirtschaftlichen, verkehrlichen, sozialen oder kulturellen Infrastruktur leisten, setzt einen zustimmenden Volksentscheid voraus. Dasselbe gilt für öffentliche Unternehmen und Konzerne nach Satz 1 bei der Veräußerung von Anteilen, sofern diese mehr als unwesentlichen Einfluss auf die Erbringung der Leistung des Unternehmens ausüben können. Der Senat führt den Volksentscheid innerhalb von vier Monaten nach dem Verkaufsbeschluss durch.

Nachfragen:

  • Beispiel HEW, 2002 verkauft, danach: Stahl-/Kupfer-/Alu-Werke konnten Vattenfall-Preise nicht mehr bezahlen (Kupferhütte wollte eigenes Kraftwerk bauen)
    • „Privatisierung war ein strukturpolitischer Kardinalfehler“ (CDU)
  • HHLA (Hafengesellschaft) Stadt-eigen, sollte eigentlich verkauft werden
  • Betriebsrat hat mit Volksentscheid gedroht – danach war das Thema „erledigt“
  • Europ. Gerichtshof zu PPP in Halle: selbst bei minimalem Anteil eines Privaten (10%) hat die Rendite Vorrang
  • Beispiel Schweiz:
    • Volksentscheide auch mit negativen Folgen / Menschenrechte ?
    • in der Schweiz gibt es kein Verfassungsgericht, keine Instanz, die Volksentscheide überprüft
  • Bsp. Kalifornien: „Volksentscheid-Industrie“ mit Werbung und „Drückerkolonnen“
  • wir in D. haben bessere Durchführungsbestimmungen, wir haben bessere gesetzliche Instrumente
  • in Hamburg werden bei Volksentscheiden Informationshefte verschickt, in denen beide Seiten ihre Argumente darstellen können
  • sollte man in Sachsen – oder in Leipzig ähnliche Regularien fordern, die verhindern, dass auf Zeit gewählte Vertreter durch Privatisierung die öffentliche Daseinsvorsorge für lange Zeit u. U. Generationen schwächen
  • Negativbeispiel „Wir wollen lernen“ (Volksinitiative in Hamburg) – versus „Schulverbesserer“

Diskussionsteil

  • aktuelle Situation in Leipzig – wo stehen wir ? (Input Matthias, BR HL komm)
  • Verkaufspläne 49,9 bzw. 74,9 % von perdata und HL komm zu verkaufen (SWL-Töchter)
  • „Zinsloch“ der LVV muss gestopft werden
  • Aufsichtsratssitzung (mit Demo der Beschäftigten von o.g. Betrieben) – keine Mehrheit für Verkaufspläne
  • aktuelle Vorlage des OB (26.01.11) sieht jetzt „nur noch“ 49,9% HL komm-Verkauf vor
  • LVV-GF ggü. Betriebsrat: u.a. gibt es Interesse von versatel für HL komm, geben Arbeitsplatzgarantie 3 J.
  • LVV-GF meint „lieber Kraftwerksscheibe kaufen als ein totes Kabelnetz“
  • Verankerung der Unternehmen bei den SWL wird nicht zur Kenntnis genommen
  • manche Politiker gehen lieber zur Telekom und Primacom zu Geschäftsfeiern
  • Wettbewerb im Telekommunikationsmarkt ist durch geplante Abschaltung der Cu-Doppelader gefährdet
  • GF der Unternehmen haben „Maulkorb umgehängt bekommen“
  • Vorstellungen der Betriebsräte bei versch. Kommunalpolitikern und -Fraktionen
  • viele Stadträte wissen überhaupt nicht, was die zur Privatisierung anstehenden Unternehmen machen
  • Belegschaft hat einen Image-Film über die HL komm mit eigenen Mitteln erstellt
  • aktuelle Vorlage: nur 49,9% von HL komm mit „Bekenntns zum Bürgerentscheid“
  • Gerede vom strategischen Partner macht keinen Sinn – die Erfahrungen bei SWL sind da
  • Betriebsräte wollen Verkauf verhindern
  • Analogie der Geschichte (Siemens 1905): Entwicklung von smart grid / metering – von Privaten gesteuert?
  • Eingriff „von hinten“ in die Stadtwerke – Änderung der Vorlage v. 26.01. = „Bauerntrick“
  • normalerweise war am 19.01.11 schon Abstimmng geplant, es ist schon Sand ins Getriebe gekommen, auch Wassergut Canitz ist 'rausgenommen worden
  • Mitbestimmungsmöglichkeiten (noch paritätisch !) sind ausgenutzt werden
  • im Aufsichtsrat der SWL geht es nochmal in die Beschlussfassung, AN-Vertreter werden Akzente setzen
  • MEAG hatte nur 40% - 50,1% bringt nichts, außerdem bei Kapitalerhöhung Minderheit der SWL zu befürchten
  • Daseinsvorsorge: prominente Unterstützung: SPD-Anfrage Land Sachsen/Bund
  • Breitbandversorgung wird selbst von der Bundesregierung zur Daseinsvorsorge gezählt
  • Argument LVV-Konsolidierung widersprüchlich, denn der Erlös wird zur Finanzierung der LVB verwendet, damit die Stadt nicht zahlen muss – damit kann man nicht gleichzeitig die LVV konsolidieren
  • „Stadtwerke verkaufen – KiTas/Schulen sanieren“ - darauf dürfen wir uns nicht einlassen, weil das kurzfristige, keine nachhaltige Politik ist (damals hat Gaz de France 34 / 60 Mio geboten – andere Argumente waren gar nicht überlegt)
  • schon 'ne ganze Menge passiert, mit dem die Politik nicht gerechnet hatte
  • jetzt noch bis zur Abstimmung am 09.02.11 Öffentlichkeitsarbeit machen:
  • Film zeigen, Anrufe, Aktionen, Stadträte weiter ansprechen
  • Beschluss über Verkauf wird erst nach dem Bieterverfahren im Stadtrat gefasst
  • Investitionen in Breitband refinanzieren sich „von selbst“
  • die Stadt hat ein anderes strategisches Interesse (Mediencluster) als der Private – gerade beim Breitbandausbau – auch als Vorteil für den Mittelstand
  • Ursache: Kommunalfinanzen sind nicht adäquat
  • Bedeutung des Breitbandausbaus wird bis jetzt geleugnet
  • wenn wir ein Unternehmen haben, das diesen Ausbau machen kann – warum sollen wir das aus der Hand geben?
  • „Was stellt man sich unter einem strategischen Partner vor?“ - Erfahrungen mit versatel z.B. sind anders
  • Beispiele RWE, IBM (Lecos), HL komm selbst, etc. - immer Einvernehmen erforderlich
  • die Auseinandersetzung ist mit dem 09.02. noch lange nicht vorbei
  • dann müssen die Kriterien für den Verkauf diskutiert werden
  • Diskussion: unter welchen Bedinungen kann/muss man ein Bürgerbegehren machen?
  • Intelligentes Wachstum Europa 2020 – Breitbandausbau von der EU gefördert / gefordert
  • 12 Jahre Amortisationszeit für den Käufer
  • portables Kino in Leipzig – Henny stellt Kontakt für BR her

Schlußwort Ines Jahn

  • Bürgerbegehren/-entscheide – Quorum in Leipzig relativ niedrig (5%)
  • Fragestellung muss gut überlegt werden
  • Bürgerbegehren sind Bildungsoffensiven – und regen auch die politisch Handelnden an und sie können das nicht „vergessen“
  • wie kriegen wir den Instrumentenkasten zusammen, den die andere Seite hat
  • sind wir in der Lage ein initierendes Begehren durchzuführen, das die Stadt ihre Bürger befragen muss, wenn sie kommunale Unternehmen verkaufen will
  • es gibt noch „Pfeile im Köcher“ vor dem 09.02. - die hoffentlich medial wahrgenommen werden
  • Gutachten von Ver.di zum Bürgerentscheid – Tochter- und Enkelgesellschaften sind eindeutig in der Fragestellung des BE enthalten